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Willi Wildtwuchs im Konferenzraum des Raumschiff Entenpreis, Titlel Ufal Teil 7: Begegnung dreier Arten

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Begegnungen dreier Arten

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13 Magische Mannschaft

Diesmal landete ich sanft — auf Inges Schoß. Vor den Zeitreisen hätte ich nirgends lieber landen wollen. Doch nun dachte ich voll Trauer an meine Familie im Neandertal.

„Willi“, sagte Inge, „Du bist dünner geworden, riechst anders und bist um mindestens zehn Jahre gealtert. Was macht Dich traurig?“

Wir saßen im Großen Saal der Entenpreis, ich auf den Platz rechts neben Inge. Zu meiner Rechten rief Gerd: „Lass Willi erst mal ankommen!“

„Willi“, Ufal hing über mir an der Decke und sprach: „es gibt auch bei uns viel Neues. Wir sprechen nachher allein miteinander.“

Nun erzählte ich: von der Zeit mit Ich Rufe Mammuts und unseren Kindern, der mit meinen neuen Freunden: Arno, Caius, Rodericus und Kaiser Nero, und auch nicht die kurze Zeit mit Prof. Wildtwux und seinen Studenten, jenem Professor, der mir in mancher Hinsicht so ähnlich war: etwas hochnäsig, ehrgeizig, vernarrt und verbissen in seine Ideen vergraben und doch ein guter Dozent. All das hatte einen neuen Menschen aus mir gemacht, ob einen besseren, das vermochte ich nicht zu sagen.

Elisabeth sagte darauf: „Du hast eine große Liebe gewonnen und verloren, Freunde kennen gelernt, an deren Schicksal Du keinen Anteil mehr hast, und nun befürchtest Du, dass Du Deine große Liebe in dieser, Deiner eigenen Zeit, verloren hast.“

Beschämt begann ich zu weinen. Alle ließen es geschehen.

Als ich mich beruhigte, flüsterte Inge in mein Ohr: „Willi, ich liebe Dich noch. Aber ich muss Dich neu kennen lernen.“ Alle verstanden es; Ufal hatte ihre Gedanken den anderen mitgeteilt, ohne mich um Erlaubnis zu bitten. Ich fühlte mich jedoch zu schwach für Widerstand, und als Kaptein John die Haltung der Mannschaft zusammenfasste, tat es mir wohl. Ruhig sagte er: „Egal was passiert, Willi, Du gehörst zu uns und wir zu Dir.“

Bald zogen sich alle zurück. Elisabeth und Inge küssten mich, die erstere sanft auf die rechte Wange, wie man ein kleines Kind zur guten Nacht küsst, um es vor bösen Träumen zu schützen, die letztere inniglich auf den Mund.

„Die sollen sich nicht so haben mit Deinem Altern“, krächzte Ufal von der Decke herab, „Du warst nur gut 20 Erlebensjahre weg. Und auf der Entenpreis sind nicht zwei Stunden vergangen. Weil Du in erheblichem Maße in der Zeit gezaubert hast, kam es zu Turbulenzen zwischen den Raumzeiten. Bei uns sind drei Monate vergangen, und noch vor dem Jahreswechsel werden wir auf meinem Heimatmond ankommen.“

„Das mit den 20 Jahren sagt sich mit über 11000 Lebensjahren leicht“, antwortete ich knurrend, „wir Menschen werden kaum 100 Jahre alt.“

Nach einer Denkpause sprach ich weiter: „Bis Sirius brauchen wir doch 13 Monate; wir fliegen mit kaum vier Huhn.“

„Das war so, Willi, denn vor einer Woche ist es Inge und Gitte gelungen, 49,99 prozentigen Antialkohol herzustellen, und Adolf hat ihn mit Rohrzuckerwasser so veredelt, dass ein nach Nichts schmeckendes Zeugs dabei rauskommt. Nüchternbier ist passée! Jetzt gibt’s Nüchternrum! — Aber, was ich mit Dir besprechen wollte: Wenn ein Mensch Magie vor Menschen ausübt, die magisch empfänglich sind, kann das deren eigene magische Kraft erwecken, und das ist Dir vor Deinen Zeitreisen und vielleicht durch diese meisterhaft gelungen. Alle sind sie magisch, und das Zauberbuch geht von Hand zu Hand.“

„Gerd wird davon nichts haben. Er kann ja kaum lesen, und der ganze Formelkrieg wird ihm für immer verschlossen sein.“

„Glaubst Du!“ Ufal schwebte auf meine Schulter, „der hat Zauber zur Abwehr von Kleinteilchen entwickelt, die wir mit Erfolg einsetzen. Aber alle brauchen da und dort Anleitung. In sechs Wochen will ich alle prüfen. Bestimmt werden alle von Deinen Erfahrungen aus den Zeitreisen profitieren. Bitte, leite sie in den nächsten Wochen an.“

„Das tue ich gern, Ufal“, antwortete ich.

Gerd hatte in dieser Nacht noch ein Stündchen mit dem Zauberbuch zugebracht. Ich bat ihn, es mir zu geben. Das tat er. Als ich es aufschlug, fand ich im ersten Band unter der Definition von Magie die Abbildung eines Puzzles. Auf der nächsten Seite hieß es:

Stelle die Teile aus Pappe her und setze das Puzzle zusammen.

Ein Teil fehlt. Wünsch es Dir herbei.

Wie sieht das Teil aus? Wo gehört es hin?

Denke mit aller Kraft daran.

Dahinter stand in etwas größeren Buchstaben: „Aufgabe am 17.11. gelöst.“

Offensichtlich wandelte das Zauberbuch seine Inhalte mit den Möglichkeiten und Interessen des Schülers oder der Schülerin. Beim Lesen verstand ich, dass Gerd viel von dem konnte, was mir am Anfang so schwergefallen war. Er hatte sogar zehn Formeln gelernt. Die waren für ihn die Abkürzung für die Schritte, die er durchführen musste, um den Zauber zu wirken.

„Ufal!“, brüllte ich, „Du elende halb verkorkste plappernde Fledermaus! Warum hast Du mich mit dem ganzen Formelkrieg am Anfang zugeballert?“

„Hättest Du schöne Zaubergeschichten ernst genommen?“, erklang seine Antwort genau über mir, „Du brauchtest Magie als schwierige Wissenschaft, damit Du deren Ernst begreifst.“

Nun lachte ich laut und befreit los. Ufal hatte Recht. Sein Buch, das sich auf den Schüler einstellt, war ein Zauberkunststück aller höchster Klasse. Damit hatte er mich nicht nur genötigt, Zauberei zu erlernen, sondern auch viel Mathematik und Physik. Als Astronaut konnte man das immer gebrauchen. Durch den Kampf um die Formeln war ich Schulamid und Elisabeth intellektuell näher gekommen, und die würde ich als Freundinnen niemals wieder hergeben.

Wir arbeiteten hart, doch wir mochten die Arbeit und genossen die gewaltigen Fortschritte, jeder von uns die seinen, aber auch die aller anderen. Auch ich wurde noch besser und verstand, dass es nicht eine Magie gab, sondern jeder Mensch und jedes magiebegabte Wesen zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Umständen sehr verschieden zaubern konnte und musste, um dasselbe zu erreichen. Es gab also viele Arten oder Methoden der Magie.

Am Tag der Prüfung hatten wir alle den größten Spaß: Jeder machte seinen Zauber, und sobald klar wurde, dass er gelingen würde, setzten wir alle mit unseren Kräften in diesen Zauber ein.

Gerd war als erster dran und setzte seinen Schutzzauber für die Hüllen des Raumschiffes um, in den er zwölf Formeln einsetzte, die zehn, die er schon kannte, und zwei komplexe weitere, die wir ihm Schritt für Schritt verständlich gemacht hatten. Der Zauber war genial. Er bestand darin, dass alle Teile, die weniger Masse hatten als unser Schiff und uns gefährlich werden konnten, kurz vor dem Aufprall abgestoßen wurden. Doch bis Gerds Zauber das Schiff als Ganzes sichern würde, wären mit der Kraft von Gerd allein mindestens 100 Tage vergangen. Zusammen mit unseren Kräften war das Raumschiff nach einer Viertelstunde komplett sicher, vor Kleinteilen ebenso wie vor Atombomben.

Adolf zauberte eine leichte Anziehung auf die Außenhaut der Entenpreis, die einsetzte, wenn jemand von uns mit seinem Leib diese berührte. So brauchten wir keine Seile mehr, um uns anzuleinen und am Raumschiff sicher zu bleiben. Wir würden nun, wenn Außenarbeiten nötig waren, mindestens drei Stunden ohne Pause im Raum arbeiten können.

Erics Zauber spürte Waffen auf. Sobald eine Waffe weniger als ein Lichtjahr vor uns entfernt war, wurde der Alarm ausgelöst, und der Zauber ließ sowohl die Richtung bestimmen, aus der die Gefahr kam, als auch die Geschwindigkeit, mit der diese sich näherte.

Gitte hatte mit ihrem biochemischen Wissen einen Gen-Ergänzungs-Zauber konstruiert, den wir mit größtem Erfolg für unsere Ernährung anwandten. Da der Antialkohol 1/6 der Außenhülle füllte, hatten wir viel Wasser zur freien Verfügung. Die Astronautennahrung enthielt Gene von Lachs, Hering und Barsch. Mit dem freien Wasser konnten wir Fische züchten. In der Astronautennahrung befanden sich Gene von Algen,mit denen wir unsere Pflanzen düngen und gleichzeitig den Fischen Nahrung verschaffen konnten. Ade, Astronautennahrung! Kehre niemals wieder!

Inge immunisierte uns gegen alle Krankheiten, die in einem jeden von uns steckten. Selbst Elisabeth ging es danach ein halbes Jahr lang fast so gut wie vor ihrem Unfall. Der Zauber bewirkte außerdem, dass jeder von uns erfuhr, wo seine Achillesverse lag, und was sie oder er tun konnte, um deren Gefahren zu verringern. meine Schwäche für Süßes hatte meine Bauchspeicheldrüse bereits geschwächt. Natürlich verstärkten wir alle Inges Zauber, und sie schaffte es, die Schwäche fast vollständig auszugleichen.

Schulamids Zauber erkannte die Feindseligkeit von Lebewesen. Er setzte Bewusstsein und Absicht des Lebewesens voraus, egal welchen Lebewesens.

Elisabeth hatte in den ersten Wochen keine magischen Fortschritte gemacht, obwohl sie gebüffelt hatte, härter noch als ich. Wir dachten schon, sie hätte keine Zauberkräfte. Eins fiel mir jedoch auf, und ich ging eine Woche vor den Prüfungen zu Ufal, um es mit ihm zu besprechen:

„Mir fällt auf, dass unsere Zauber besser gelingen, wenn Elisabeth dabei ist und sich wünscht, uns zu helfen. Siehst Du als unser Lehrer das auch so? Ich fürchte, dass ich in Elisabeth etwas hineininterpretiere, weil ich sie liebe.“

Ufal antwortete: „Auch ich habe das beobachtet. Elisabeth ist eine Mit-Zauberin. Leider erkennen die Granden Mit-Zauber nicht an. Elisabeth muss mindestens einen Putzzauber allein zustande bringen, sonst fällt sie durch.“

Doch unsere Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, nachdem Inge ihren Heilzauber gewirkt und wir andern, einschließlich sie selbst, dessen Wirkung verstärkt hatten. Mit Elisabeths Zauber erkannten wir die Bedürfnisse von Lebewesen aller Art. Wenn man so wollte, konnte man dadurch mit Pflanzen und Tieren sprechen. Ufal hatte uns so viel von seinen Reisen und den dabei beobachteten Lebewesen erzählt, dass ihr Bedürfnis­-Erkennungs-Zauber noch an keiner einzigen Lebensform versagt hat.

Unser Kaptein programmierte den Bordcomputer auf magische Weise so, dass er von Lebewesen erschaffene Artefakte und deren Funktion erkannte. Dieser Zauber würde die Archäologie auf der Erde wie auch auf anderen Sonnensystemen mit Lebewesen, die Werkzeuge herstellten, revolutionieren.

„Alle kriegen eine Eins in der praktischen Prüfung“, verkündete Ufal knapp.

„Das müssen wir feiern“, rief Kaptein John. Doch dazu kam es nicht.

„Alarmstufe rot!!!“

Eine gefährliche Waffe war im Anflug: Wesen, die uns hassten, flogen auf uns zu, und die Wesen waren so gestaltet, dass sie uns nicht gut tun würden.

„Erstmal kümmern wir uns um die Waffe“, sprach Kaptein John.

„Anflug eines Riesenschiffes aus mindestens einem Lichtjahr Entfernung in Richtung Sirius“, antwortete Adolf und ergänzte: „Es fliegt mit 100 Huhn und wird uns in spätestens drei Tagen erreichen.“

„Lasst uns herausfinden“, schlug ich vor, „mit welchen Feinden wir es zu tun haben, und währenddessen das Raumschiff kriegstauglich machen.“

„Ich weiß , wer das ist“, sagte Ufal, der über uns herumhing, „Das sind die Horribiles vom Andromedanebel. Zehn Jahre haben die uns in Ruhe gelassen. Die sind furchtbar kriegerisch, entsetzlich schlau, und die haben eine Höllenangst vor jeder Art von Magie. Seit 55555 Jahren stehen wir Ufaliden mit denen im Krieg. Wenn die mich aufgespürt haben, sind wir als erste dran, bevor die sich meinen Heimatmond und dessen Planeten vornehmen.“

Der Andromedanebel liegt 2500000 Lichtjahre von uns entfernt. Er ist eine Ansammlung von Sternen, ähnlich wie die Milchstraße, aber mit deutlich mehr Sternen auf deutlich weniger Platz. Ufal hatte uns erzählt, das in dieser Galaxie sehr viele Formen sehr intelligenten und bewusstseinsfähigen Lebens nebeneinanderher gewohnt hatten. Da gab es staatenbildende Riesenbienen und Gigantoameisen. Die staatenbildenden Makrozephalopoden, Riesige, höchst aggressive Kraken, welche die Ufaliden als Horribiles bezeichneten, hatten im Laufe der letzten fünfmillionen Jahre im Andromedanebel alle anderen intelligenten Arten tributpflichtig gemacht. Als sie ihr Großreich auf andere Galaxien ausdehnten, bekamen sie es mit Magie zu tun, gegen die sie vollkommen wehrlos waren.

„Mindestens einige Horribiles sind magisch begabt“, ergänzte Ufal, „wir hatten einen höheren Offizier lebendig gefangen und auf unserem Mond 25 Jahre lang von ihresgleichen fernhalten können. Von ihm erlernten wir die Horribiles-Sprachen. Als wir ihm Magie beibringen wollten, wehrte er sich. Erst, als wir ihm die Freiheit anboten, machte er Riesenfortschritte, verlor aber alle Neigung zur Gewalt. Wir wollten ihn in Richtung seines Heimatplaneten begleiten. Das war meine erste Langstreckenreise; ich war damals 111 Jahre alt. Auf dem Weg überfiel uns ein Schiff der Horribiles. Ich konnte das Schiff und die Mannschaft retten. Unser gefangener aber wurde von einem Vernichtungsstrahl getroffen und zerfetzt. Es stellte sich heraus, dass unser Schiff nur überfallen worden war, um ihn zu töten. Wir glauben, dass die führende Kaste der Horribiles die Nachgeordneten von Magie fernhält, damit sie kriegerisch bleiben und ihr Imperium vergrößern.“

„Und was weiß man noch von der obersten Kaste der Horribiles?“ Ich hatte gefragt. Ufals Antwort überraschte mich:

„Sie bewegen sich von ihrem Zentralplaneten niemals weg. Sie machen ein Geheimnis um sich. Wir wissen nur, dass diejenigen, die ihnen dienen, getötet werden, sobald sie nicht mehr dienstfähig sind oder über ihre Arbeit reden.“

Schulamid schlug vor: „Lasst uns auf Sichtweite an das feindliche Schiff herankommen und mit Elisabeths Zauber ergründen, was diese Wesen wollen. Dann könnte Willi, der das schon gemacht hat, in der Vorstellung als unsichtbarer Geist auf das Raumschiff der Horribiles gelangen und dort spionieren.“

„Mein Tarnzauber wird die Entenpreis vor allen Lebewesen verstecken“, sagte Eric, „und eine Wolke von Kleinteilen wird sie zusätzlich verhüllen.“

Der Computer steuerte uns durch die Kleinteilchen. Kaptein John befahl: „Volle Kraft voraus, Kurs: feindliches Schiff!“

14 Feindkontakt und Dämonenangst

Mehr und mehr Details enthüllten sich uns, als wir in Sichtweite des Gegnerschiffs kamen. Es war groß wie der Erdenmond, aber sechsmal so massereich. Nur vier Wesen waren darin und steuerten es: die Horribiles genannten Riesenkraken. Jeder Krake hatte sieben Arme: Sechs davon ragten aus der Mittellinie des fast runden Kopfes hervor, alle im gleichen Abstand, als wären es Zacken eines Sterns; der siebente ragte oben aus dem Haupt hervor. Die sechs Sternzackenarme waren zwei Meter lang, der siebente einen. Das Haupt hatte einen Durchmesser von gut einem Meter. Jeder Horribilis war mit einem scharfschneidenden Schnabel ausgestattet und hatte an den sechs umrundenden Armen sowohl an der Spitze als auch den Arm entlang viele Saugnäpfe.

Als ich mich für den Überstieg als Geist auf das feindliche Schiff rüstete, spürte ich dämonische Angst. Ich war mir nicht sicher, ob mein Zauber gelingen würde, und natürlich sank mir dadurch das Herz in die Hose. Aber das, was wir alle spürten, denn ich bat die anderen, mir auf magischem Wege nachzufühlen, kam von den Horribiles und hatte eine andere Qualität: Hier ging es nicht um Versagen und dessen Folgen, nein, das war eine Angst, die seit dem Schlupf aus dem Ei in den armen Wesen eingepflanzt war und ihnen jede Lust am Leben vergellte.

„Transverto ad horribilibus (Ich steige über zu den Horribiles)!“

Mir schien, dass die Horribiles nicht unsere Feinde sein mussten. Eine gewagte Annahme; 55555 Jahre Dauerkrieg mit den Ufaliden waren ein schlagendes Argument. Trotzdem glaubte ich nicht an die immerwährende Feindschaft zwischen Ufaliden, deren Freunden und den Wesen vom Andromedanebel. Ufal hatte sich geweigert, meinen Zauber zu verstärken. Doch er gelang mir ganz allein.

Hier herrschten -22 ° Celsius. Der Luftdruck betrug 4Atü. Der Sauerstoffgehalt lag mit 15 % über den 12 % auf der Erde.

„Auf zum letzten Gefecht!“ Der Kapitän des Schiffes hatte gesprochen.

„Kapitän Aach: Warum sollen wir sterben?“, fragte ein kleiner und junger Krake. Elisabeths Zauber funktionierte prächtig. Ufal hatte mir die drei Horribilis-Sprachen eingetrichtert: Das Hiratische, das deren Oberste sprachen, das Demotische, das die Alltagssprache der höheren Kasten war, und das Ochletische, das alle anderen sprachen, und mit dem alle Horribiles zu sprechen beginnen.

„Kadett Chet, Verwirke nicht die Ehre“, sprach der Kapitän, „die Du durch Deine Mitarbeit und Mitreise Deinem Gottkaiser machst! Für ihn leben wir, für ihn verreck … sterben wir!!!“ Ochletisch hatte als Zeichen der Angst den Weg in seine Rede gefunden.

Chet sprach erneut: „Könnten wir nicht kurz vor dem Zusammenstoß mit dem Sirius aus dem Raumschiff springen, mit Sauerstoffflaschen, und uns erstarren lassen? Dann könnten uns die Hilfsschiffe nach ein Paar Wochen aufsammeln.“

„Du weißt“, sprach ein dritter, „dass unser Material, aus dem wir bestehen, wichtig für die Zündung der Waffe ist. Ich, Hauptoffizier Baa, hatte ein langes, siegreiches soldatisches Leben und werde in 17 Stunden für den Gottkaiser sterben.“ Dieser hatte Demotisch gesprochen, nur das Wort: „soldatisches Leben“ entstammte dem Hiratischen.

„Und wozu das alles?“, der letzte Kämpfer hatte gesprochen und setzte fort: „Ich, Unteroffizier Kaa, habe mich immer gefragt, wozu wir den Sirius angreifen müssen. Von sich aus haben die Ufaliden uns nur dann etwas getan, wenn sie sich gegen uns wehrten. Aber wir sind halt Soldaten und tun, was der Gottkaiser will.“

„Und warum will er es?“, fragte Chet, Warum müssen wir zehnmilliarden Lar für die Zerstörung des Siriussystems ausgeben, dabei alle selber sterben und bewirken, dass durch die Drift, mit der das Universum danach auseinanderfliegt, alles Leben in 10000 Jahren vergehen wird?“

Baa antwortete: „Er ist nach der Explosion im Bereiche von mindestens 10000000 Lichtjahren bis zum Ende allen Lebens der unumschränkte Herrscher.“

Kapitän Aach befahl: „Hört auf zu plappern und sprecht mir nach: Immerwährender Gehorsam, permanente Dienstbereitschaft, ewige Unterordnung: Vom Ei bis in den Tod für den Gottkaiser!“

Alle machten mit, als ich meinen Geist aus dem Schiff der Horribiles in die Entenpreis zurückzog. Die Horribiles mussten nicht unsere Feinde sein, doch jetzt waren sie es. Die ganze Zeit über war ich in Gedanken mit den anderen verbunden gewesen, so dass sie alles mitbekommen hatten.

„Der Gottkaiser ist ein Arschloch und ein mieser Herrscher!“ Klarer als Gerd konnte man das nicht sagen.

„Wir müssen schnellstens zum Heimatmond der Ufaliden, die warnen und Gegenmaßnahmen ergreifen“, sprach Adolf.

„Dafür ist es zu spät“, mahnte ich, „wir haben nur noch 17 Stunden. Wo ist eigentlich Ufal?“

„Krank“, sprach Kaptein John. „Inge, Gitte und Shulamid untersuchen ihn und versuchen, das Gift aus seinem Blut zu bekommen, das ihn in spätestens 18 Stunden töten wird. Auf den kannst Du nicht mehr zählen! Scheiß Magie! Wenn's drauf ankommt, funktioniert die nie!!!“

15 Hilfe durch das Leben

„Magie besteht in der Veränderung der Welt durch Wunschkraft.“ — Also: wünschen, den Wunschhebel ansetzen, und schon erfüllt sich der Wunsch.

So funktionierte Magie noch nie. Es kommt auf die genaue Formulierung des Wunsches an, dann auf die genaue Analyse der Bedingungen, die dem Wunsch vorausgehen, dessen Erfüllung im Wege stehen und der Erfüllung nachfolgen. Schließlich geht es um die Kraft, die für die Wunscherfüllung nötig ist.

Und für die Erfüllung des Wunsches, das Raumschiff der Horribiles weit wegzuschießen, dahin, wo es keinem Leben gefährlich werden kann, war viel Kraft notwendig! So viel Kraft brächte die ganze Mannschaft der Entenpreis nicht zusammen, und dabei waren wir alle erwiesen fortgeschrittene Magier.

Nun war Ufal, unser aller Magiemeister, auf den Tod krank. Er war nach langer Zeit das erste Lebewesen gewesen, das vorbehaltlos an mich geglaubt hatte, auch wenn es sehen musste, wie schwer ich mich mit den Formeln getan hatte. Jetzt hieß es, auf eigene Verantwortung zu handeln, für Wohl und Wehe des ganzen Lebens im Universum!

Ein kleiner Teil in mir regte sich und sprach: „Du kannst beten. Gott hört Dir zu.“

Was immer helfen mochte, musste ich versuchen.

Schon ließ ich mich im Raumanzug aus dem Raumschiff schleusen und kniete mich auf dessen Außenhaut nieder. Ich plapperte alles an Gebeten her, was mir einfiel. — sieben Stunden lang, wie ich später erfuhr. Ich hatte laut vor mich hinsprechend und leise flüsternd gebetet. Im Weltraum übertrug keine Luft meinen Sprechschall. Niemand hörte meine Worte. War auch besser so. Ich kam mir furchtbar erniedrigt vor, weil ich mich selbst erniedrigte. Niemand hatte mich darum gebeten, schon gar nicht Jesus oder gar Gott persönlich.

Ich wurde müde, ein erstes und sicheres Anzeichen dafür, dass ich erfrieren würde.

„Lass Dir vom Leben helfen.“

Diese Worte standen fest in meinem Sinn. Hat Gott zu mir gesprochen?

Plötzlich spürte ich Kraft, Kraft! Unmengen von Kraft!!! Diese Energie galt es, für die gute Sache einzusetzen.

Ich war versucht, mich zum Weltkaiser zu machen. Aber als Lebewesen wollte ich nicht, dass das Leben in einer kurz bemessenen Zeit untergehen musste. Und eine Kraft, die mir zuwuchs, konnte mich verlassen oder sich gegen mich wenden.

Nach kurzer Versuchung lenkte ich die Energie auf das Raumschiff der Horribiles, das gleichzeitig deren Waffe war. Da fiel mir ein, dass, falls diese Kraft die Waffe aus dem Felde expedieren würde, die vier Horribiles darin verrecken mussten. Mindestens zwei von ihnen hatten von sich aus nicht mitmachen wollen, sich aber in das gefügt, was sie für unvermeidlich hielten. Sie hatten ihrer Angst nachgegeben, die so viel größer war als Ängste, die ich selbst je ausgestanden hatte. Wollte ich diese Krakenwesen wirklich mit ihrer Waffe ins Verderben stürzen? — Nein!

Und mir fiel Ufal ein. „Gott, mach ihn gesund“, flehte ich in Gedanken.

Die Kraft drohte, mir zu entgleiten, doch nun richtete ich diese sanft auf die vier Horribiles. Dann sprach ich: „Amen!“

Ich kroch zur Eingangsluke. Eine Minute benötigte ich, um mit den erstarrten Fingern die Fähre zu öffnen und noch einmal drei, bis ich drinnen war. Die Fähre schloss sich automatisch und brachte mich in unsere Wohnkugel.

16 Artumspannender Verhütungszauber

„Was hast Du gemacht?“, fragte Gerd fröhlich, „Gott gespielt?“ „Wie kommst Du darauf?“, fragte ich zurück. Doch Kaptein John antwortete:

„Das Schiff der Horribiles ist auf unseren Kurs eingeschwenkt und wird langsamer. Vor Deinem Ausstieg flogen die mit 100Huhn. Als Du in die Fähre gekrochen bist, haben die ihre Geschwindigkeit halbiert und fliegen auf uns zu. Seitdem werden sie ständig langsamer, fliegen jetzt so schnell wie wir. ; und halten auf uns zu. in drei Minuten prallen wir zusammen, wenn wir nichts tun.“

„Feindschiff verlangsamt. Geschwindigkeit: sechs Huhn.“ Der Bordcomputer hatte gesprochen und meldete nach einer Minute: „jetzt drei Huhn.“

„Auch wir sollten langsamer werden“, schlug ich vor, „pro Minute um die Hälfte. Ich glaube nicht, dass eine Gefahr von denen ausgeht.“

„Bestimmt nicht“, sagte Schulamid, deren Feind-Erkennungs-Zauber das angezeigt hatte. Sie fuhr fort: „Darum meinte Gerd, Du hättest Gott gespielt.“

„Wie lange dauert es, bis wir nebeneinander liegen?“, fragte ich. „Bei unseren jetzigen Geschwindigkeiten etwa fünf Minuten“, antwortete Kaptein John, „wir reduzieren jetzt auf drei Huhn, in der nächsten Minute auf eines, und dann geht's weit unter die Lichtgeschwindigkeit.“

„Leute, macht bitte den Großen Saal fertig“, bat ich, „die Horribiles könnten zu uns übersteigen und ihre Waffe auf einen anderen Kurs setzen. Wenn die überleben sollen, brauchen sie einen Athmosphärendruck von drei ATÜ und eine Sauerstoffsättigung von 15%. Wir sollten die Außentemperatur auf 5 ° reduzieren. Damit kommen die gut zurecht, und wir in den Raumanzügen auch.“„Sollen wir die reinlassen?“, fragte Eric, „immerhin haben die unsere Freunde, die Ufaliden, zigtausende von Jahren mit Krieg überzogen.“

„Lassen wir sie rein“, sagte Elisabeth, „wenn Ufal und wir mit den Horribiles Frieden schließen, wird es im Bereich von mindestens 3000000 Lichtjahren friedlich sein.“

Bissig bemerkte ich: „Auf unserem Heimatplaneten bekämpfen wir Menschen uns ständig, aber hier im weiten Weltraum besteht nun die Chance auf Frieden. Vielleicht nützt es ja, um auch die Erde endlich zum Schweigen der Waffen zu zwingen. Da sind mir Horribiles, die sehr gute Krieger sind, recht.“

Nach einer Pause fragte ich: „Wie geht es Ufal? warum ist keiner bei ihm?“

„Er stirbt“, sagte Inge verzweifelt, „in spätestens zehn Stunden ist es mit ihm vorbei. Er hat fürchterliche Schmerzen, und er verlangt ein Mittel Namens Pi in seiner stärksten Form. Pi wird aus dem Saft der intelligenten Brennesel gewonnen. In der Form, die Ufal haben will, verhindert es die Schmerzen, doch löst es zuerst die Knochen und dann das ganze Wesen auf.“

„Ich gehe zu ihm“, sprach ich, „das bin ich meinem magischen Mentor schuldig.“

Gerd fragte: „Kann ich mitkommen?“ „Ja“, antwortete ich, froh dem Sterbenden nicht allein entgegentreten zu müssen.

Wir bewegten uns auf die Krankenstation zu und ließen uns desinfizieren.

„Mir ist schon lange was aufgefallen“, sagte Gerd, „Vielleicht hilft's: Ufal geht nie aufs Klo. Vor einer Woche hab ich ihn gefragt: ‚Musst Du nie kacken?‘“

„Und was hat Ufal geantwortet?“, fragte ich Gerd, obwohl ich nur mit halbem Ohr zuhörte. In derselben Sekunde nämlich füllten folgende Worte meinem Sinn: „Hilf Du Ufal.“ Es war genau so wie bei dem Wort: „Lass Dir vom Leben helfen.“ — Wieder eine göttliche Eingebung???

Gerds Antwort riss mich aus der Lethargie: „Ufal hat gesagt: ‚Es gibt drei Formen tierischen Lebens: Noch-Nicht-Kacker, dazu gehören Einzeller und manche niederen Tiere; Kacker, dazu gehören die höheren Tiere und Menschen; und Nicht-Mehr-Kacker. Wir Ufaliden sind im uns bekannten Weltraum die einzigen.‘ Und das versteh ich nicht: Die kacken also gar nicht? Dann hab ich gefragt: ‚Habt Ihr Ufaliden noch nie geschissen?‘ Und Ufal sagte: ‚Doch. Bis vor 111111 Jahren. Da haben wir uns magisch verändert. Wir müssen nie mehr kacken, weil wir die Nahrung ganz und gar verwerten.‘ Und ich hab gedacht: ‘Das kann doch gar nicht gehen.’“

„Gerd, Gerd“, rief ich in voller Lautstärke und drückte ihn fest an meine Brust, „Du bist der rettende Joker! Das muss es sein! Ufal ist weit über 11000 Jahre alt und hat noch nie geschissen. Da hat sich sehr viel Abfall angesammelt, und der vergiftet ihn. Wir müssen den Abfall aus ihm rauskriegen, dann wird er vielleicht noch gesund!“

Gerd erzählte weiter: „Ich fragte Ufal: ‚Wieso macht Ihr Ufaliden das? Alle anderen kacken und finden das normal.‘ Ufal hat gesagt: untersuch mich mal ganz genau.‘ Das hab ich getan, und da hab ich festgestellt: Der hat nicht mal einen Po.“

Nun wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich bat Gerd: „Gleich sind wir bei Ufal. Hol eine Silbernadel zum Akkupunktieren. Desinfiziere die mit einem heißen Feuer. Die Nadel darf nicht schmelzen.“ „Damit machen wir ihm einen Po zum Kacken“, sagte Gerd, der froh war, das sofort verstanden zu haben.

Wir waren bei Ufal angelangt, und der krächzte vor Schmerzen. Zeitweilig verlor er sein Bewusstsein. Gerd erhitzte und Desinfizierte die Silbernadel. Ich dagegen bat Ufal: „Ich will Dich gesundmachen, wenn ich kann. Bitte lass mich so tief wie möglich in Deinen Geist. Ich muss verstehen, wie es kommt, dass Ihr nicht mehr kackt.“

Ufal hatte es gehört, schrie aber: „Pi Garaus! Es tut so weh!“

Ich sagte: „Er hat es mir nicht verboten. Wenn’s nicht klappt, kann ich ihm immer noch beim schmerzfreien Sterben helfen.“

Also begann ich, in seine Seele einzudringen. Doch was meine ich mit „Seele“? Das hat weder mit geflügelten Wesen im Innern des Leibes, noch mit Astrologie und Astralleibern, und auch nicht mit dem göttlichen Funken, der in jedem von uns steckt, zu tun. Ich meine das, was der schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung: „Animus und Anima“ genannt hat:

Jung denkt: Was wir erfahren, schlägt sich in unseren Genen nieder. Das ist so von Anfang des Lebens bis jetzt. Vor mir gab es mehrere tausend Generationen lang Menschen. Davor gab es Wesen, aus denen Menschen durch Mutationen und Selektionen entstanden sind. Alle meine menschlichen und nicht menschlichen Vorfahren haben Erfahrungen gemacht. Diese haben deren Gene beeinflusst. Davon gibt es Spuren, und die nennt Jung: Animus und Anima, also das weibliche und das männliche Prinzip eines Lebe­wesens. Wenn Jung Recht hat, muss das auch bei Ufaliden so sein, und wenn ich die Urerfahrungen der Ufaliden, also die „Seele der Ufalidenart“, verstehe, dann weiß ich, Ufal im Sinne der Erfahrungen seiner Art zu helfen.

Plötzlich erlebte ich Szenen großer Freude und rauschhafter, sexueller Lust:

Vor über einhundertelfmillionen Jahren hatte die Zivilisation der Ufaliden begonnen. Damals wurde ein Ufalide 1000 Erdenjahre alt, und die Ufaliden vermehrten sich so, wie ich es in Kapitel 3 beschrieben habe. Es gab allerdings einen Unterschied: Vor dem Geschlechtsakt und vor der Übergabe des Kindes an die säugende Amme küssten und leckten Männchen und Weibchen einander um die Afteröffnung herum. Die Po-Küsse bewirkten, dass der Geküsste aus Drüsen ein Rauschmittel ausschied: Dass Männchen schied ein Rauschmittel für Weibchen aus, das Weibchen eines für Männchen. Die Rauschmittel schärften die Konzentration von Männchen und Weibchen füreinander und bildeten die Voraussetzung der sexuellen Lust miteinander. Und das war so toll für die Ufaliden, dass sie sich über Gebühr vermehrt hatten, denn bei ihnen führt jeder Geschlechtsakt notwendig zu einem Kind.

Die Ufaliden lösten durch Po-Küsse hemmungslose Lust aus, und diese hatte zum Beginn der Zivilisation geführt. Sie hatten diese entwickelt, damit alle Kinder am Leben bleiben konnten, denn die Ufaliden liebten ihre Kinder.

Mit der Urseele der Ufaliden kam ich nicht mehr weiter. Nun galt es, Ufals Wissen um die Geschichte seiner Art abzufragen, und so geschah es auch:

Je höher ihr Fortschritt geworden war, desto mehr zivilisatorischer Müll hatte die Luft verschmutzt. Der Schmutz hatte leider auch die Folge, die Luststoffe der Ufaliden sowie deren Kot extrem zu vergiften. Massenweise waren die Ufaliden in den beiden Phasen der leiblichen Lust gestorben, beim Zeugungsakt und beim Übergabeakt des Kindes an die Amme. Um weiteres Sterben, aber auch weitere Verschmutzung zu verhindern, hatte die Volksaversammlung aller Ufaliden fast im letzten Augenblick beschlossen, sich magisch so zu verändern, dass man die nicht vergiftete Nahrung praktisch vollständig verwerten konnte; nur ein billionstel teil blieb übrig. Die Ufaliden wurden nun im Schnitt 10000 Jahre alt, und Sex musste daher für die Arterhaltung nur noch selten betrieben werden. Also verzichteten die Ufaliden seit 111111 Erdenjahren auf sexuelle Lust und erhielten so ihren Planeten lebensfähig und ihre Art am Leben.

Die Reststoffe verdichteten sich extrem durch den artumspannenden Zauber. Je mehr Magie ein Ufalide betrieb, desto dichter packten sich die Reststoffe der Nahrung, aber auch alles das an Magie, das abgewehrt wurde, um die Zauber zu wirken. Der Ufalidenkot wurde zu einer höchst potent magischen Gift-Masse, und weil Ufal sehr viel zauberte, seit 11000 Jahren, war es bei ihm besonders schlimm.

Ich zeigte auf die Stelle, an der bei den Urahnen der Ufaliden das Hinterteil gewesen war und sagte zu Gerd: „Da musst Du reinstechen.“

Ohne zu zögern tat Gerd es. Er war viel stärker als ich davon überzeugt, dass das richtig war. „Durch die Haut bin ich durch. Aber im Darm komm ich nicht weiter. Die Kacke ist fürchterlich hart!“ Das hatte ich befürchtet.

Alle anderen traten in die Krankenstation ein. Niemand war desinfiziert. Wozu auch? Ufal hatte nur noch neun Stunden zu leben, da war es egal, ob er sich infizieren würde.

„Gitte und Inge“, bat ich die beiden, die von Chemie am meisten Ahnung hatten, „könnt Ihr mir anhand der Spuren des Ufalkotes an der Nadel sagen, was das für Zeugs ist, und wie man es chemisch so aufspaltet, das es rauskommt?“

Sie machten sich ans Werk. Gleich darauf sagten beide, fast aus einem Munde: „Keine Spuren des Ufal-Kotes an der Nadel.“

„Könnt Ihr mit einem dünnen Spiegelchen etwas erkennen?“, fragte ich. Sie taten ihr Bestes. „Da drin“, sprach Gitte, „ist ein einziges, riesiges Molekül!“

„Ufal hat maximal acht Stunden zu leben“, sagte Inge, „er ist in eine Winterstarre gefallen, sein Herz schlägt mit einem Schlag pro Minute.“

Ich dachte nach und bat Gitte um eine genauere chemische Analyse. Aus dem, was sie erzählte, schloss ich, dass es an einer der Milionen Bindungsstellen einen etwas schwächeren Punkt gab. Konnte ich diesen magisch Aufspalten, ließ sich vielleicht das Molekül teilen. Ich konzentrierte mich vollständig auf diese Stelle.

Nun wurden wir Zeugen, wie das Molekül Atom für Atom aus Ufals neuem After drang. Als nach drei Stunden etwa die ersten Millionen Atome aus der Afteröffnung gedrungen waren, begannen sich diese, wieder in der Dreidimensionalen zu verbauen. Jedes Atom hatte sich seine Position im Riesenmolekül gemerkt. Nun baute es sich, Atom für Atom, wieder zum Gesamtmolekül auf. Zuerst brauchte jedes einzelne Atom bis zu elf Sekunden, um seinen Platz zu finden, dann aber ging es immer schneller, und nach gut acht Stunden war das gesamte Molekül fertig. Es war ein Tetraeder mit vier Zentimetern Kantenlänge, der an allen Flächen perfekt glatt war und in blau leuchtete. Dieser stand neben Ufals neuem Anos auf der Untersuchungsliege.

„Der Darm ist leer, die Blase auch“, verkündete Inge, „aber wie ich ihn aus seiner Winterstarre reißen soll, weiß ich nicht. Sein Herz schlägt nur noch mit zwei Schlägen pro Stunde.“

„Wenn ich mal tief und fest schlafe“, meinte Gerd, „muss man mich laut wach-rufen. Das funktioniert immer!“

„Auf drei“, sprach ich, „zwei drei: Ufal! Ufal!! Ufal!!!“

Alle riefen unisono. Wir wurden immer lauter, stampften mit den Füßen auf und klatschten mit den Händen dazu. Das Spektakel hielt drei Minuten an.

„Nicht so laut!“ Ufal hatte gesprochen.

„die Herzratenkurve ist sehenswert“, sagte Inge, „wir haben drei Minuten lang Krach geschlagen. In der ersten Minute ging die Herzrate von 2pro Stunde auf 2pro Minute hoch, in der zweiten von 3 auf 30, und in der dritten von 30 pro Minute auf 123, also seinen normalen Herzschlag. Ufal ist wieder gesund!“

„Ich fühl mich so leicht“, sprach Ufal und hängte sich wieder mit dem Kopf nach unten an der Decke auf, „Was ist das für ein wundervoller Tetraeder?“

„Das ist ufalscheiße“, rief Gerd vergnügt, „So muss das bleiben! Kacken gehört zum Leben.“

„Mein Großvater Agoran, ein großer Magier, nahm an”, sprach Ufal, „dass sich unser Kot zu einem Ufalitiden verdichtet, der, falls wir ihn herausbringen, ein starkes Mittel gegen feindliche Zauberei ist. Er lenkt magische Kraftvektoren von demjenigen ab, der ihn besitzt. Erst in 11000 Jahren muss ich wieder kacken. Dank Willi weiß ich, wie ich den Ufalitiden entfernen kann. Wer weiß, wozu es gut ist!“

17 Bei den Ufaliden

„Es gibt eine neue Magiequelle“, sprach Ufal.

„Das sind die vier Kraken aus dem Andromedanebel“, meinte Eric, „die haben wir vor zehn Stunden aufgenommen. die lagen außerhalb ihres Raumschiffes im Weltraum herum. Wir brachten sie in den großen Saal. Da haben wir die Bedingungen hergestellt, die diese Kraken brauchen: drei ATÜ und 15 % Sauerstoffsättigung. Die Temperatur haben wir auf 25 ° eingestellt, da begannen die, aufzutauen und Leben zu zeigen.“

„Sie haben Hunger und große Angst“, sagte Elisabeth, „mit Algen und Fischrogen können wir die satt kriegen, aber den Anlass ihrer Angst kennen wir nicht.“

„Doch“, sagte Ufal, „Es war richtig, die hierher zu holen. Willi kann die drei Sprachen der Horribiles, und wir sollten alle zu ihnen gehen und ihnen zeigen, dass wir ihre Freunde sind. Die haben schreckliche Angst vor ihrem Gottkaiser.“

„Ist das dieses zahnlose Wesen in der Mitte des Andromedanebels auf einem Wüstenplaneten?“, fragte Elisabeth, die sich mit ihrem Zauber tief in die Horribiles projiziert hatte.

„Sicher“, bestätigte Ufal, „die Horribiles sind staatenbildende Wesen wie Ameisen oder Honigbienen. Der Gottkaiser führt den Staat. Alle Weibchen müssen ihm dienen, und alle Männchen müssen zum Kriegsdienst. Sind die Männchen nicht mehr kriegstauglich, frisst ihr Gottkaiser sie auf. Er allein hat fruchtbare Spermien, die er einigen Weibchen gibt. Diese bebrüten die Eier im Wasser und können während der Brut nicht fressen. Sind die Jungen geschlüpft, vertilgen sie die fast verhungerten Mütter. Der Atem des Gottkaisers enthält ein Gas, das die Angst vor ihm verstärkt und die Männchen kastriert. er will nicht, dass seine Untertanen Magie erlernen.“

„Weil magisch begabte Horribiles nicht an den Kaiser gebunden sind“, antwortete Elisabeth, „die Männchen bilden fruchtbare Spermien, und die Weibchen können entscheiden, mit wem sie sich verpaaren und Kinder kriegen wollen. Wird den Geschlüpften dann Nahrung angeboten, müssen die Mütter nicht sterben.“

„Los jetzt“, rief Eric begeistert, „befreien wir die Horribiles von ihrem Despoten und machen wir sie zu unseren Freunden!“

„Erstmal kommt Ihr zu uns“, sprach Ufal, „denn wir müssen untersuchen, was mit dem Riesenraumschiff der Horribiles geschieht. Bisher verlangsamt es seine Geschwindigkeit stetig, kommt aber Sirius immer näher.“

„Volle Kraft voraus, Kurs Sirius“, rief Kaptein John.

Und so geschah es auch. Wir schafften es in fünf Tagen und bremsten in den nächsten so ab, dass wir genau an Heiligabend in die Umlaufbahn des großen Siriusmondes mit dreifacher Schallgeschwindigkeit einschwenkten.

Dort umschwirrten uns 33 kleine, flinke Raumschiffe der Ufaliden. „Jedes Raumschiff fasst 33 Personen“, sagte Ufal, „also begrüßt uns die gesamte Bevölkerung unseres Mondes.“

Nach einem kurzen Sicherheitscheck geleiteten uns die Ufaliden zum größten Weltraumflughafen, wo uns der Platz für 15 Lastraumschiffe zugewiesen wurde. Dort landeten wir, und alle Raumschiffe der Ufaliden landeten um uns herum.

Die meisten waren kaum halb besetzt. Bei voller Besetzung hätten uns 1089 Ufaliden empfangen. Es waren aber nur 555. Und es kam noch schlimmer: „Die gesamte Bevölkerung ist hier, um Dich, Ufal, Deine Freunde und die Geiseln der Horribiles zu begrüßen“, sprach ihr Bürgermeister.

„Das sind alle?“, fragte Ufal erschrocken, „als ich vor fünf Jahren abflog, waren wir 1111!“

Der Bürgermeister antwortete: „„Der Zauber, den wir zur Bevölkerungskontrolle vor 111111 Jahren auf uns gelegt haben,kommt jetzt als Fluch über uns: Wir sterben an den Restabfällen und der Magie, und da wir keine Lust empfinden, drängt es uns nicht nach Sex. Viel zu spät haben wir versucht, uns zu vermehren, doch jetzt sterben die Älteren wie die Fliegen. Dabei sind die Folgen der Umweltverschmutzung überwunden, deretwegen wir den Zauber auf uns gelegt haben. Wir Ufaliden sind zum Aussterben verdammt!“

„Das seid Ihr nicht“, sprach der Kapitän der Horribiles. Er hatte sich das Zauberbuch Ufals vorgenommen und den ersten Band komplett durchgearbeitet. Da ihn der Vorstellungszauber besonders interessierte, hatte er sich unter meiner Anleitung auch darüber hergemacht und so neben Deutsch, Englisch und Ivrid noch das Ufalidische gelernt. Nun sprach er weiter: „In zwei Tagen wird eine kurze Phase des Stillstands bei unserem Raumschiff eintreten, Danach wird es in wachsender Geschwindigkeit auf unseren Heimatplaneten zurasen. Wenn eine unserer Waffen versagt, setzt ein Rückführungsprogramm ein. Finden unsere Leute, die noch an den … gebunden sind, das Schiff, werden sie es in euren Planeten lenken. Das wollen wir verhindern und unsere Waffe in das schwarze Loch in Mitten des Andromedanebels schicken. Der Aufprall sollte vorsichtig erfolgen, damit das schwarze Loch nicht unsere Wohnplaneten einsaugt. Wenn Ihr uns helft, können wir Euch einige Planeten zuweisen, auf denen Ihr Ufaliden genug Nahrung findet. Wir können dann gemeinsam das Sternenreich zwischen Erde und Andromeda besiedeln und haben alle Platz genug, uns mehrere zigtausend Jahre dort zu vermehren.“

„Und Euer Gottkaiser?“, fragte ich.

„Bitte, bitte helft uns, Ihr Erdenmenschen! Uns fehlt allein der Mut.“

„Wir wollen es versuchen, denn wir möchten mit Euch und allen anderen Lebewesen, die intelligent sind, in Frieden und Eintracht leben“, sagte Elisabeth, und wir alle stimmten zu, auch Ufal. Die anderen Ufaliden standen ratlos dabei. Ihnen war die Verbrüderung mit den Horribiles nicht geheuer.

In den nächsten Tagen hatten wir so viel zu tun, dass wir kaum dazu kamen, uns den Mond der Ufaliden genau anzusehen. Es galt nämlich, den Ufaliden neue Hinterteile zu machen und ihren angesammelten Kot per Magie zu extrahieren.

Einiges erfuhren wir dennoch: Der Siriusplanet hat zwei Monde: den großen und den kleinen. Auf dem Siriusplaneten, dessen Größe 1 ½ Erden entspricht, herrschen ähnliche Bedingungen wie in unserem Sonnensystem auf der Venus. In halber Entfernung zwischen Mond und Erde Sirius-abgewandt kreist um den Planeten der kleine Mond, der kaum 1/10 der Erdmasse aufweist. In dreifacher Mond-Erde-Distanz vom Planeten kreist der große Mond, der etwa halb so groß und fast genau so massereich ist wie die Erde. Schwere und harte Felsen mit manchen Höhlen, die Wind und Wasser gegraben haben, bedecken den Mond. Es gibt Wälder aus Pilzen und Farnen, in denen inzwischen wieder allerhand Insekten fliegen, welche den Ufaliden schon in grauer Vorzeit zur Speise gedient haben.

Am zweiten Weihnachtstag wollte man uns mit einem Konzert erfreuen. Ich kann nur sagen: Das war ein „Ohrenschmaus“ der Extraklasse: Die Ufaliden ließen das Reisesegensoratorium aufführen. Dabei singen immerhin 33 Ufaliden den Text. Das Stück ist in sehr langen, pentatonischen Noten aufgezeichnet. Hätte man sich an diese Noten gehalten, wäre es eine sehr langsam fortschreitende Melodie gewesen, die man am Klavier mit den Halbtontasten von zwei Oktaven hätte nachspielen können. Doch umsangen die Ufaliden jeden notierten Ton. Jede Sängerin und jeder Sänger musste ihre bzw. seine individuelle und von den anderen unterschiedliche Art des Umsingens finden und dabei darauf achten, dass die Abweichungen kleiner ausfallen mussten als die Abweichungen der Tonstufe in der pentatonischen Reihe, die vorgeschrieben war. Für mich hörte sich das — ich kann es nicht anders sagen — grauenvoll an, auch wenn ich zugeben muss, dass es großer Kunstfertigkeit bedurfte, so individuell die Melodietöne in allen Graden der Schrägheit zu umsingen. Nach drei Stunden endete die Pein meiner Ohren. Ich würde wohl noch viele solcher Konzerte hören müssen, um tolerant gegenüber dieser Art des Musizierens zu sein und diese vielleicht genießen zu können.

18 Angst verzehrt

Am 27. Dezember starteten wir. Das Horribilisraumschiff nahm Kurs auf den Andromedanebel. Als es zu schnell wurde, befahl Kaptein John die Landung auf diesem.

Wir standen mit der Entenpreis auf der mondgroßen Waffe, und diese raste mit 10000000 Huhn auf ihr Ziel zu. Die Horribiles hatten bessere Materie-Antimaterie-Antriebe als wir, die auf der Grundlage von Plutonium und Antiplutonium funktionierten. Wir Menschen kamen mit den hohen radioaktiven Strahlen nicht zurecht, die im Innern der Maschinerie entstanden. An der Oberfläche und geschützt durch die Millionen Liter Wasser in der Entenpreis-Außenhülle war die Strahlung erträglich.

Doch nicht Für Elisabeth. Das lag an den Inhaltsstoffen der giftigen Säure, die ihr im Einsatz für Nature for Itself so sehr geschadet hatten. Teile der Giftstoffe hatten sich in ihren Knochen angereichert und wurden radioaktiv. Der Vorgang setzte schleichend ein und verstärkte sich langsam. Viel zu spät bemerkte Elisabeth die Veränderung. Ihr Leib schmerzte überall, und niemand erkannte die Ursache.

Endlich untersuchten Inge und Gitte eine Probe ihres Ellbogenknochens und erschraken, als sie darin Plutonium fanden, in einer Dosis, die alle, welche sich ihr auf mehr als zehn Meter nährten, nach einem Tag der natürlichen Strahlendosis eines vollen Erdenjahres aussetzte. Ausgerechnet Elisabeth, jene polyamore Frau, die so gern und so gekonnt leiblich mit jedem Menschen, den sie liebte, verkehrte, mussten wir in einem Raum isolieren, um uns nicht zu gefährden.

Sie litt Höllenqualen: leibliche durch die immer stärker anwachsende Strahlung, seelische durch den Mangel an der Möglichkeit, sich uns, die sie ja alle lieb hatte, leiblich zuzuwenden. Und niemand konnte etwas unternehmen.

Drei Monate vergingen. Das Raumschiff der Horribiles bremste ab, denn der Andromedanebel lag nahe voraus.

Nach langer Beratung beschlossen wir, das Raumschiff der Horribiles mit einem gemeinschaftlichen Ablenkungszauber zu belegen. Alle machten mit: die ganze Mannschaft der Entenpreis, Ufal und die vier Horribiles, die inzwischen alle ihre praktische Magieprüfung mit Auszeichnung bestanden hatten.

Es klappte: Die mondgroße Waffe schwenkte in Richtung zentralem schwarzem Loch ein, kreiste aber in Spiralen um dieses herum. Sehr langsam zog das schwarze Loch die Waffe der Horribiles an. Nach unseren Berechnungen würde der Aufprall in 11.111.111 Jahren, 11 Monaten und 11 Tagen erfolgen. Danach würden sich die Sterne im Andromedanebel einander annähern, aber keiner würde in den anderen stürzen.

Unsere massive Zauberei hatte eine weitere Wirkung: Die Radioaktivität in Elisabeths Knochen ging um über 99,999 % zurück. Auch ihre Schmerzen klangen ab, doch sie blieb krank und körperlich schwach, weil die Gifte in ihren Knochen ihr böses Werk taten. Allen war klar, dass Elisabeth, die wir alle inniglich liebten, nicht mehr lange am Leben bleiben würde. Immerhin konnten wir uns ihr wieder nähern und ihr jene Zärtlichkeiten schenken, derer sie so dringend bedurfte.

Nun galt es, festzustellen, ob unser Tarnzauber wirkte, der, solange die Waffe im Bereich der Horribiles flog, die Entdeckung der Entenpreis ebenso verhindern sollte wie jene unserer Manipulation am Kurs der Horribilis-Waffe. Da unterbreitete der Horribilis-Kapitän Aach einen Vorschlag: „Am besten stellt sich einer von Euch Erdenmenschen auf die Entenpreis. Wenn unsere Krieger den nicht bemerken, sobald sie nach fremdem Leben suchen, ist der Tarnzauber gut.“

Inge erbot sich, eine Stunde lang außen die Entenpreis zu kontrollieren. Wir hatten ein Kriegsraumschiff der Horribiles magisch erahnt, später bestätigte sich dessen Sichtung. „Viel Glück, Inge“, sprach ich, „komm gesund zurück, und bleib bitte nicht länger weg als die Stunde!“ Ich war erneut in sie verliebt, aber Inge hatte Skrupel, wieder etwas leiblich mit mir zu beginnen. Immerhin nahm sie mich fest in die Arme, küsste mich zärtlich und betrat die Fähre.

Bald sahen wir sie auf der Außenkugel entlanggehen. Plötzlich war sie Ohne die geringste Spur verschwunden!

„Ich rieche rohes Schweinefleisch!“ „Inge macht eine Zeitreise“, sagte Ufal, „Schulamid, Du bist ihre beste Freundin und hast ihre Reiserichtung in der Zeit als erste bemerkt.“

Kaum begann Ufal, zu sprechen, bemerkte auch ich den Fleischgeruch. Es wurde deutlich, dass es eine Turbulenz durch die Annäherung an das Schwarze Loch gegeben hatte. Die ganze Nacht rechnete ich. Mein Ergebnis: Inge war mit einer Milliarde Huhn Richtung Erde unterwegs. Sie würde vor etwa 67 Millionen Jahren im Neandertal ankommen, also mitten unter Saurier geraten!

„Ich kenne mich mit Zeitreisen aus“, sagte ich, „und werde sie zurück­holen. Nach meinen Berechnungen wird Inge einige Wochen mit Drachen verbringen und dann Richtung Zukunft rasen.“

„Willi“, sprach Kaptein John, „Klar, dass Du Inge zurückholen willst. Das wollen wir alle. Aber erstens ist nicht sicher, ob sie am Leben ist und zurückgeholt werden kann, und zweitens müssen wir uns um den Andromedanebel und seine Bewohner kümmern. Das haben wir den Riesenkraken versprochen.“ Traurig ergab ich mich in mein Schicksal.

Schulamid und Eric, die sich für die Waffen und den Geheimdienst der Horribiles interessierten, tarnten die Entenpreis als Lastraumschiff der Horribiles. Das war leicht, denn die Entenpreis entsprach diesen in Form und Größe. Die vier Krakenkrieger hatten unsere Funkstation auf die Frequenzen der Horribiles eingestellt und hörten diese ab. Sie hatten festgestellt, dass ein Lastraumschiff beladen werden sollte und auf geheimer Frequenz die Nachricht an die Horribiles gesendet, dass dieser Morgen kurz nach Mitternacht auf dem Wohnplaneten des Gottkaisers landen würde, den sie: „Ghod“ nannten. Schulamid und Eric hatten darum gebeten, die Dienerinnen des Gottkaisers für einen Tag von Ghod zu entfernen, da der Gottkaiser Ruhe brauche, um sein Sperma frisch herzustellen und dann seine Dienerinnen damit zu versorgen. All das wurde Eric und Shulamid geglaubt.

30 Stunden später erreichten wir Ghod. „Hier wohnt nur der Gottkaiser mit seinen Dienerinnen“, sprach Aach, „Lasst uns einen Levitationszauber probieren, um von unserem alten Raumschiff weg auf Ghod zu gelangen.

Mit aller magischen Konzentration brachten wir die Entenpreis vom Raumschiff der Horribiles und aus der Anziehungszone des Schwarzen Loches fort, schalteten die Maschinen ein und waren eine Stunde später im Orbit von Ghod. „Fertig zur Landung“, kommandierte Kaptein John.

Wir landeten unbehelligt um Mitternacht. Ghod war kaum größer als unser Erdenmond, aber mindestens zehnmal so schwer. Das lag an seinem Goldkern, den gewaltige Mengen von Uran umgaben. Die Radioaktivität auf diesem Planeten war enorm, und irgendwelches Leben war kaum zu sehen. Dabei war die Luft mit Sauerstoff gesättigt; 20 % Sauerstoff und 40 % Stickstoff bildeten mit 30 % Wasserstoff den größten Teil der Atmosphäre. In unseren Raumanzügen könnten wir es auf dem Planeten einige Stunden aushalten, falls wir diese später würden dekonterminieren können. Adolf hatte inzwischen für die Horribiles und für Ufal Raumanzüge maßgefertigt.

„Und jetzt, wie finden wir in dieser Einöde den Gottkaiser?“, fragte ich.

„Mir nach und dem Gestank“, rief Ufal, der losgeflogen war. Sein Anzug war Adolfs Meisterstück, denn der erlaubte es Ufal, mit seinen Flügeln und einem kleinen, auf dem Rücken eingebauten Propeller zu fliegen und trotzdem denselben Schutz zu bekommen wie wir.

„Die hohe Radioaktivität bringt Elisabeth um“, warf ich ein, „bitte lasst sie mit der Entenpreis im Orbit um Ghod fliegen.“

„Nein“, antwortete sie, „Ihr braucht mich, weil ich eine gute Mit-Zauberin bin.“

„Wir heben Elisabeth fünf Meilen in die Luft und bringen sie so fliegend zum GottKaiser“, schlug Chet auf Deutsch vor.

„Guter Vorschlag, Cheth“, antwortete sein Kapitän, „dadurch ist Elisabeth mehrere Stunden weniger der Radioaktivität ausgesetzt als wir anderen, und die Levitation erfordert so viel Konzentration, dass die uns von unserer Angst vor dem … Gottkaiser ablenkt. Also: Levitatio Elisabetham!“

Wir waren sieben Stunden unterwegs. Den Planeten bedeckte eine trockene Staubschicht. In der Luft gab es ein wenig Feuchtigkeit; Regen war hier seit Millionen von Jahren nicht gefallen. Die Temperatur betrug, als wir eine Stunde nach Mitternacht aufbrachen, - 50 ° und stieg während der sieben Stunden, die wir unterwegs waren, auf + 20 °.

Endlich erreichten wir einen Berg aus Kalksand. „Er besteht aus den Millionen Soldaten, die für ihren Gottkaiser starben, um ihm als Speise zu dienen.“ Aach hatte in bestem Hiratisch gesprochen, aber wir alle verstanden ihn. Elisabeth hing meilenweit über dem Gottkaiser in der Luft.

„Jetzt sehe ich real“, meldete sie sich über Funk, „was ich bisher nur in der Vorstellung auf magischem Weg in den Horribiles gesehen habe: ein etwa drei Meter großer Kopf mit vier Ärmchen von knapp 50 cm Länge und einem Schlund ohne Zähne. Ständig muss er fressen, und den Geruch der Angst kann ich bis hierher wahrnehmen. Das Wesen muss sich mit Zeichen verständigen und hat, im Gegensatz zu den anderen Horribiles, keinen Kern aus Kalk, um den sich sein weiches Fleisch legt.“ Bevor sie weitersprach, ließ sie sich tiefer sinken und setzte fort, als sie nur noch 100 m über dem Gottkaiser schwebte: „Dieses Wesen besteht aus Angst. Es hat Angst vor allem, besonders davor, nicht mehr sicher und ernährt zu sein.“

„Dann ist die einfachste Methode, das Vieh loszuwerden, es nicht zu beachten und dafür zu sorgen, dass keine Nahrung für es ankommt.“

Ich hatte gesprochen und war völlig überzeugt davon. Die Gelegenheit war günstig: Die Horribiles wähnten ihren Gottkaiser mit 1000 abgehalfterten Kriegsveteranen für versorgt und würden ihm erst in drei Tagen weitere senden. Mindestens vier Tage lang würde dadurch der Gottkaiser ohne Nahrung bleiben, denn keiner von uns würde ihm freiwillig einen Happen zu Essen reichen.

Gebannt vor Angst standen wir lange Zeit still eine römische Meile vor dem Gottkaiser. Die Horribiles waren völlig erstarrt. Wir würden sie wegtragen müssen.

Auch mir jagte die Angst einen Schauer nach dem anderen ein, doch noch beherrschte sie mich nicht vollständig. Also schlich ich mich immer näher heran. Das tue ich manchmal, wenn mich die Angst aufzufressen droht: Angriff ist die beste Verteidigung, und wer sich dem nähert, was Angst einjagt, kann es oft noch untersuchen und herausfinden, wie bedrohlich es wirklich ist.

Langsam, aber unaufhaltsam, kroch ich an das angsteinjagende Wesen heran. Ich verkürzte meine Entfernung zu ihm von 1,5 km auf knapp fünf Meter.

Da stieß ich auf eine Brennesel, die mich mit ihren trockenen Blättern ergriff. Offensichtlich war es ein Wesen, ähnlich wie Ischgalissßischsch. Nur diese duldete der Gottkaiser dauerhaft um sich. Die Brennesel war ausgetrocknet. Des Gottkaisers Ausscheidungen erhielten sie am Leben, und seit zehn Stunden gab es keinen Nachschub. Im Raumanzug hielt sie mich nicht auf.

Nun meldete der Anzug, dass der Gottkaiser sich so drehte, dass er mich mit seinem Schlund „vernaschen“ konnte. Verzweifelt rief ich das erste, was mir einfiel, und ich richtete meine ganze Konzentration darauf, um etwas anderes zu fühlen als namenlose Angst:

„Ave, oh leo ex caverna, appareas subito!“

Trotz meiner Todesangst hatte ich korrektes Latein gesprochen und gesagt: „Ich grüße Dich, oh Höhlenlöwe, mögest Du sofort erscheinen!“

Das tat der Höhlenlöwe. Er hatte seit mehreren Tagen nichts gefressen, und Brenneseln machten ihm mit seinem dichten Fell nichts aus. Als der Löwe erschien, bebte die Erde Ghods.

Gerade sog mich der Schlund des Krakenkaisers ein, da machte sich der Löwe über das wässrige Fleisch her; in der Not frisst der Teufel Fliegen und der Höhlenlöwe Kraken.

Ich befreite mich und lief zu den anderen. Im Todeskampf spritzte der Gottkaiser eine Brennflüssigkeit aus. Die Brennesel stand in Flammen. Unter den Untieren brach ein Vulkan aus: Erde und flüssiges Gold flogen aus dem Vulkan, hunderte von Metern hoch. Wir rannten um unser Leben. Ein Strahl des flüssigen Goldes traf Elisabeth, verwundet stürzte sie ab.

19 Aufgelöst in Liebe

Wir waren eine Weile gerannt, als ein heißer Goldklumpen mich zu Fall brachte, mitten in hoch radioaktiven Staub. Ich war überzeugt, sterben zu müssen, denn mein Anzug war zerstört. Doch ein Teil des 125 Kubikzentimeter großen Goldklumpens war antiradioaktiv.

Elisabeth lag wenige Meter neben mir mit gebrochenen Knochen. Aber sie lebte noch und wimmerte vor sich hin. So jämmerlich wimmernd hatte ich sie noch nie gehört. Ein Goldklumpen hatte sich über ihren Brüsten eingebrannt und eine herzförmige Wunde hinterlassen. Rauch und Asche füllten die Luft, immer wieder kamen Goldbrocken herab.

Nun trafen die anderen ein, außer Ufal. „Wo der wieder abgeblieben ist“, brummte Kaptein John, „weiß der Klabautermann.“

Die Mannschaft der Entenpreis untersuchte Elisabeth und mich. Alle hatten Grundkurse in Medizin erhalten. Sie erkannten, das ich mit Verbänden und Kühlung in einigen Wochen gesund werden würde, falls wir bald aus dieser radioaktiven Wüste verschwinden könnten, und dass Elisabeth auch mit der besten Behandlung der Welt diesen Tag nicht überleben würde.

Trotz allem kam Elisabeth zu Bewusstsein. „Bitte“, sprach sie, „gebt mir einen doppelten Nüchternrumm und danach einen einfachen vom reinen Alkohol. Holt die Brennesel und aus der Entenpreis einen großen Pflanzkübel mit Mutterboden. Mit den Handschuhen des Raumanzuges könnt ihr sie anfassen.“

Keiner verstand, warum sie ihre Bitten äußerte. Aber wir konnten ihnen ohnehin nicht entsprechen, denn das Nötige barg die Entenpreis.

Da erschien sie über uns. Ufal flog heraus, setzte sich auf meine Schulter, und die Entenpreis blieb in der Luft stehen.

„Ufal“, bat ich ihn, „kannst Du mich in die Entenpreis heben. Elisabeth stirbt gerade und bittet um einige Sachen.“

Zwei Geliebte hatte ich verloren, ohne etwas Gutes für die Geliebte tun zu können, als es zu Ende ging. Das sollte bei der dritten nicht passieren!

Ein gemeinsamer Levitationszauber von Ufal und mir hob mich ins Raumschiff. Ich holte: eine kleine Menge Nüchternrum, ein Wenig reinen Alkohol und den größten Pflanzkübel, den wir hatten. Diesen füllte ich mit fünf Kilo unserer besten Erde und sprang aus der Entenpreis, darauf vertrauend, dass Ufal und die anderen mich sichern würden.

Unversehrt kam ich mit allem unten an. Die anderen hatten die Brennesel gefunden, ein kaum handhohes Stück Wurzel mit wenigen, völlig ausgedörrten Blättern.

„Setzt mich in den Kübel, und steckt die Brennesel mit der Wurzel in meine Scheide“, sagte Elisabeth.

Wir taten es. Niemand verstand, warum sie darum bat, außer Ufal; der erzählte uns später, dass er skeptisch war, ob Elisabeths Plan aufgehen würde.

„Gebt mir den doppelten Nüchternrum“, sagte sie.

Das taten wir. Sie trank ihn und wartete einige Sekunden.

„Nun den Alkohol.“ Ich hielt ihr den Becher an die Lippen, denn sie konnte kein Glied mehr selbständig bewegen.

„Auf die Liebe! Jetzt fasst mich alle an.“

Alle taten es.

„Ich werde mich auch mit Inge verbinden. Wenn die Brennesel Ableger bildet, nehmt jeder einen und verschluckt ihn ganz. Er muss in Euch bleiben. Nehmt einen für Inge mit.“

Nach einigen Sekunden wurde Elisabeth heiß, als hätte sie hohes Fieber. Ihr Leib leuchtete, als sie gelassen ihre letzten Worte sprach:

„Ich werde Euch immer lieben.“

Elisabeth verging. Sie löste sich auf.

Plötzlich befanden wir uns im großen Saal der Entenpreis. Der zur Hälfte mit Wasser gefüllte Pflanzkübel stand zwischen uns, alle fassten ihn an, und die Brennesel wuchs im Sekundentakt. Ihre Nesseln waren weich wie bei jungen Brenneseln, die als Salat gegessen werden können.

Nach fünf Minuten bildeten sich kirschgroße Ableger. Jeder nahm sich einen und schluckte diesen hinunter. Ich nahm zwei, verleibte mir den einen ein und tat den anderen in ein Töpfchen mit etwas Wasser.

„Am liebsten würde ich zur Erde fliegen“, sagte ich.

„Wir auch“, riefen die Horribiles begeistert, und Chet ergänzte: „wir müssen weg von den unseren, bis die Bindung an den Gottkaiser sich bei ihnen verloren hat. Lasst uns Zeitsprünge machen und versuchen, Inge zu retten.“

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