20 Eine Suche durch die ZeitenVerbissen arbeitete ich 12 Stunden lang. Alle anderen unterstützten mich nach Kräften.
Endlich hatte ich einen Zauber entworfen: : Er führte uns dorthin, wo Inge vor höchstens einer Stunde gewesen war. Unsere vier Horribiles, die ebensogut wie Hunde riechen konnten und uns bei der Suche halfen, würden ihre Geruchsspur unfehlbar aufnehmen können. Außerdem meldete der Zauber, was Inge in den letzten 24 Stunden vor unserem Eintreffen in dieser Zeit und im genannten Raum getan hatte.
„Entenpreis, Inge sequi! (Entenpreis, Inge folgen)“
Alle hatten wir uns auf den Zauber konzentriert. Gerd hatte Elisabeth gerufen. „Vielleicht ist sie ja in der Brennesel“, hatte er gesagt. Ich hatte Gott um Hilfe angefleht; Verzweiflung braucht Hoffnung.
Laut den Aufzeichnungen des Bordcomputers hatten wir 93 Sekunden lang weder geatmet noch Herztöne von uns gegeben. Wir waren also praktisch tot gewesen, und es muss ein Wunder sein, dass wir danach alle wieder gesund und munter wurden.
Keinen Augenblick zu spät kamen wir auf die Beine. „Ein Tyrannosaurus verschlingt gerade Inge!“ Kaptein John hatte es gesehen und gemeldet.
„Sauri, friggi! (Saurier, erstarre)“
Alle setzten in meinen Zauber ein, dieser wirkte sofort. Das Maul des Untieres stand offen, Inges Beine ragten heraus. Wahrscheinlich hatte das Mistvieh sie mit den Zähnen verletzt. Chet, Kaa, Baa und Aach hatten die Entenpreis geöffnet und waren unterwegs nach draußen. Sie wollten dem Saurier die Beute abjagen, bevor sich die Erstarrung löste.
Unter Abstoßung von Tintenflüssigkeit flogen die Horribiles dem Tyrannosaurus entgegen und schlugen ihm mit ihren Strahlenäxten Wunden in den Leib. Tödlich verletzt öffnete er den Schlund noch stärker. Wir sahen alle, wie Chet, Baa und Aach versuchten, Inge aus dem Maul des Ungeheuers zu ziehen, als sie ihre Fangarme zurückrissen und zur Entenpreis zurückstürzten.
„Inge war noch im Maul von diesem Vieh“, sprach Baa in wüstestem Ochletisch, „und dann war sie futsch!“ „Ich habe Baa weggezogen“, ergänzte Chet, „denn Inge ist Richtung Zukunft gesaust; das habe ich am Fischgeruch bemerkt.“
Alle waren an Bord, als sich dasselbe abspielte wie kurz zuvor. Diesmal waren wir laut Bordcomputer 61 Sekunden lang erstarrt gewesen und befanden uns in einer Gletscherlandschaft.
„Das sind die Alpen“, meinte Kaptein John, „wir sind in Südtirol.“
Ich ergänzte: „Vor kurzem ist Inge hier gewesen und hat beim Einkratzen von Zeichen in eine Höhle geholfen.“
„Ungefähr 100 m vor uns gibt es eine Höhle“, sagte Adolf, „und da kommt jemand raus, der sieht doch etwas merkwürdig aus.“
Wir stiegen aus und sahen manchen Neandertaler herauskommen. Einer von ihnen brüllte: „Papa!“
Die Stimme von Mammuts Machen Mich Froh hatte sich verändert. Er war 30 Jahre älter geworden und hatte damit für Neandertaler ein hohes Alter erreicht. Er rief in die Höhle hinein, und nun kamen auch Ich zähme Wölfe und Ich reite Auf Höhlenlöwen heraus.
„Wie geht es Euch?“, fragte ich, „jagen Euch die Sapiens immer noch?“
„Nein“, sagte Ich Reite Auf Höhlenlöwen, „das Mammut hat Diener Der Götter zerstampft.“
„Sieben Hommini sind übrig geblieben“, ergänzte Ich Zähme Wölfe, „sie haben um Frieden gebeten, verehren gemeinsam mit uns die Ahnen und Himmelsgeister, und wir sind mit ihnen zusammen weitergezogen, bis hierher, wo es neben reichlich Wild gute Steine für unsere Werkzeuge und Höhlen zur Bewahrung der Ahnen und zur Erhaltung unseres Wissens gibt. Wir haben den Sapiens gezeigt, wie man in Stein Wissen eingraviert und so den Ahnen wie auch uns erklärt, was wir gelernt haben. So bleiben alle auf dem Laufenden.“
„Bitte lasst uns in die Höhle gehen und gemeinsam an Eure Ahnen und Eure Mutter, meine Liebste Ich Rufe Mammuts, denken.“
Ich stellte alle vor, die mich begleiteten. Gemeinsam entsprachen wir meinem Wunsch.
Erwürgt Bären und Ich Reite Auf Höhlenlöwen hatten zusammen fünf Kinder bekommen, und Erwürgt Bären war vor genau einem Jahr gestorben. Ich zähme Wölfe hatte den Jungen zum Manne erwählt, den ich unter dem Namen: Kanninchenschreck kannte und nun Bringt Frieden hieß. Er hatte Häuptlingswürden errungen, weil er einer der besten Jäger war, und hatte dafür gesorgt, dass in ganz Tirol Neandertaler und Homo Sapiens seit 15 Jahren in Frieden lebten. Es gab viele Verbindungen zwischen den Arten, und so würde die Magie der Neandertaler nicht verlorengehen.
„zurück“, rief Ufal, „sonst fliegt die Entenpreis ohne uns in die Zukunft!“
Kaum waren wir eingestiegen, machten wir eine Zeitreise.
Nach wenigen Sekunden schwebte die Entenpreis mitten über einer Stadt. Die Kamera meldete, dass sich unter uns auf der Straße ein Zugang in einen Kanal befand.
„Ufal“, bat ich, „bitte lass uns raus und lass die Entenpreis im Orbit über uns schweben. unter uns befindet sich der Kanalarbeiterraum, in dem ich mit Arno gewesen bin.“
Ufal hob per Magie die Platte hoch, die den Raum verschloss. Hinein führte eine gut gesicherte Leiter, und auf dieser stieg ich herab. Der Raum hatte einen Radius von zwölf Doppelschritten, war trocken wie nie zuvor, peinlich sauber, und entlang der Wände standen Regale mit Büchern aus dickem Pergament, die, wie wir bald feststellten, vorwiegend Schulbücher mit tastbar in die Seiten geprägten Großbuchstaben enthielten. An einem Schreibpult stand Arno und drückte weitere metallene Buchstaben in eine Druckvorlage. Es gab hinter den Büchern einen drei Stufen tiefer liegenden, gemütlichen Wohnraum mit einem Ofen und einem bequemen Bett. Auf diesem lag jemand und dämmerte vor sich hin.
„Quisne venitus est (Wer ist gekommen)?“ „Arno, Willi sum (Arno, ich bin Willi)“, antwortete ich.
„Und wer kommt da noch?“ Ich stellte alle vor, und jeder sprach einen Satz, damit Arno dessen Stimme hören konnte. Aach ließ sich in den Raum fallen, drückte die frisch gesetzten Buchstaben fest in die Druckvorlage und sprach in schönstem Hiratisch: „Sei gegrüßet, Du heiliger Mann. Bitte ertaste mich, damit Du weißt, wen Du vor Dir hast, denn ich bin ein Wesen, kommen von weit entfernten Sternen.“
Für Arno klang es wie eine Melodie in Dorischer Tonart, die ein Horn intonierte. Auch Ufal begrüßte Arno; er hatte von mir Latein gelernt.
„Wer liegt in Deinem Bett?“, fragte ich. Arno antwortete: „Unser ehemaliger Kaiser Nero. Dein Plan ist glänzend aufgegangen: Seit 18 Jahren herrscht Frieden im ganzen Imperium. Leider wurde Nero vor einigen Wochen schwer krank. ‚Darmkrebs‘ hat Inge gesagt, die vor fünf Minuten in die Zukunft gereist ist.“
„Warum liegt er hier?“, fragte Ufal, „Gehört er nicht in seinen Palast? Und wieso nennst du ihn den ehemaligen Kaiser?“
„Da ist er nicht sicher“, sprach Arno, „Caius, der mittlerweile die Geheimpolizei im ganzen Imperium anführt, hat ihn mit Rodericus hierher gebracht, wo ihn so schnell niemand sucht. Rodericus führt inzwischen die Polizei Roms an. Als Nero krank wurde, und alle davon ausgingen, dass er bald sterben würde, haben die Reichen der Senatspartei einen neuen Kaiser Namens Constantius inthronisiert, einen mutigen einfach gestrickten Unteroffizier, der alles macht, was die sagen.“
„Und Du betest für den Sterbenden?“, vermutete ich.
Arno antwortete: „Durch Inges Heilzauber heilt der Krebs ab. Aber irgendjemand, wahrscheinlich jener Mensch, der mir mein Essen bringt, hat ihm Gift gegeben. Es ging Nero schon besser, doch nun …“
„Das haben wir gleich!“ Schulamid hatte gesprochen. Ufal und ich hatten den anderen via Vorstellungszauber alles übersetzt. Schulamid und Inge hatten auf der Reise nach Andromeda tagelang an einem Nachweis- und Entgiftungszauber geforscht, und nun hatte Schulamid diesen fertiggestellt. Das Beste an diesem Zauber war, dass er durch einen Kuss wirkte, den man, wie bei Sterbenden üblich, auf die Stirn drücken musste. Das tat sie mit Nero.
„Arsenium“ las man sofort auf der Stirn.
„Bitte, Arno, lass auch Du Dich küssen“, sagte Schulamid.
Lächelnd tat er es, und auch auf ihm stand sofort dieses Wort.
Gott sei Dank ließ sich Arsen gut entfernen, und wir ließen sämtliche Krüge mit Wasser aus der Entenpreis gefüllt herabschweben, die Kilometerhoch über uns stand.
„Ihr müsst so viel wie möglich davon trinken“, sprach Schulamid, „was in Euren Knochen angereichert ist, haben wir so umgeleitet, dass Eure Körper es ausscheiden können. Ihr dürft in den nächsten drei Tagen nichts essen und nur absolut giftfreies Wasser zu Euch nehmen.“
Schulamid hatte „wir“ gesagt, weil wir alle in den Entgiftungszauber mit eingesetzt hatten. Und dieser wirkte sofort. Nero atmete ruhiger und ließ bald darauf extrem arsenverseuchtes Wasser. Arno ging es ähnlich.
Die Senatspartei plante einen Krieg gegen das persische Großreich, das Persien, den Irak, Afghanistan und Pakistan umfasste und immer wieder von sich aus Rom attackiert hatte.
Neue Maschinen waren entwickelt worden: Im Raum stand eine wasserbetriebene Zahnraduhr, die mit Glockentönen Stunden, Minuten und Sekunden anzeigte. Auf Sklaven mochte die reiche Oberschicht nicht verzichten. Man hatte eine Art Fahrrad mit Kettenantrieb entwickelt, und vielerorts wurden Straßen ausgebaut. Nun konnte ein kräftiger Mann 200 römische Meilen pro Tag fahren, also 300 Kilometer. Es gab Heißluftgetriebene Ballons aus leichtem Metall, Vorläufer des Zeppelins, die mit Tretpropellern gesteuert wurden und gegen die Perser Anwendung finden sollten. Viel Fortschritt, und gleich wieder Krieg! Die Menschen hatten sich nicht verändert.
Nero war erwacht und sagte: „Da habe ich die Liebste meines Freundes Willi kennengelernt, und als die mich verlassen hat, sandte sie ihren Liebsten her. Wenn ich wieder Kaiser bin, sollt Ihr alle reich belohnt werden!“
Natürlich stellte ich Nero uns alle vor, und er sagte: „Übermorgen wollten Caius und Rodericus nach uns schauen. Wenn ich noch lebte, würden sie versuchen, mich mit Getreuen zum Kaiser zu machen, aber mit Euch an der Seite muss es gelingen. Bitte helft mir.“
„Gern, Nero“, sagte ich, „denn Du wirst für Frieden im Reich sorgen und die Kunst nach allen Kräften fördern. Und in fünf Tagen gibt es nach unseren Berechnungen eine Möglichkeit, in jene Zukunft zu reisen, in der sich Inge jetzt befindet.“
Am zweiten Tag fragte ich Arno: „Warum wohnst Du hier, und was hat es mit den Büchern auf sich?“ Der erzählte:
„Ich habe Kaiser Nero überzeugt, dass blinde Menschen lesen und schreiben lernen können. Alle Erlasse und wichtige Bücher werden tastbar geschrieben und in den Bibliotheken der großen Städte vorgehalten. Ich bin für die Vervielfältigung der Tastbücher zuständig. Die heiligen Schriften der Israeliten habe ich in Griechisch und Latein übersetzt und tastbar für die Bibliotheken Roms hergestellt. So bin ich für das Reich tätig, ohne in der Öffentlichkeit zu stehen. Da mich die Neigung zum Manne nicht verlassen wird, will ich das vermeiden. In Träumen begehre ich Aristophanes. Inge, die drei Wochen bei uns war, hat mir erklärt, dass ich nichts für meine Neigung kann, doch will ich diese nicht leiblich ausleben, weil ich es meiner Mutter versprochen habe und hoffe, dass, wenn Gott so gnädig ist, wie Du, Willi, angedeutet hast, ich im Himmel mit Aristophanes vereint sein werde. Und ihm will ich treu bleiben, solange ich lebe.““
Das zu hören, machte mich froh. Mindestens einem Menschen hatten Inge und ich zu Frieden verholfen.
Kurz vor Mitternacht des zweiten Tages kamen Caius, Rodericus und 20 bis an die Zähne bewaffnete Polizisten auf stattlichen Rössern. Sie hatten vier Lastpferde dabei. Caius verkündete: „Alle sind verhaftet!“
Rodericus flüsterte Nero ins Ohr. Ich teilte seine Worte in die Gedanken der Anwesenden: „Vielleicht sind Polizisten der Senatspartei hier. Was sind das für merkwürdige Wesen? Sind die aus der Zukunft?“
„Ja“, antwortete Nero flüsternd, „die sprechende, gefiederte Fledermaus und die sprechenden Kraken kommen von weit entfernten Sternen.“
„Die Kraken auf die Lastpferde“, rief Caius, „die Menschen je einen hinter einem von uns anbinden!“
Bald zogen wir Richtung Kaiserpalast davon. Die Horribiles wurden auf den Lastpferden festgebunden, doch ihre Arme blieben frei. Auch wir waren nicht an Beinen und Armen gefesselt, sondern nur um die Hüften herum mit einem Strick an dem Pferde festgebunden, hinter dem wir herliefen.
Fünf Polizisten machten währenddessen die Runde bei den Mitgliedern der Senatspartei, die in ihren Villen schliefen oder sich Vergnügungen hingaben. Alle sollten Zeuge sein, wenn, wie ihnen gesagt wurde, Nero, der Verräter des römischen Volkes, ihnen allen im Thronsaal vorgeführt würde.
Wir schlichen im Kriechgang mit den Pferden und nahmen viele Umwege. So konnte uns auch noch der letzte Nachtschwärmer Roms sehen, denn um Mitternacht pflegten die Schenken dieser Stadt endgültig zu schließen.
Drei Stunden später betraten wir den Palast. Die Wächter und Dienstsklaven staunten, was die Polizei da mitschleppte. Caius hatte Ufal in einen kleinen Lederbeutel gesteckt, den er stets am Hals, gewöhnlich unter der Toga trug, und in dem er sonst sein Geld verwahrte.
Im Triumph marschierten wir in den Thronsaal.
„Ave!“ So rief Caius und setzte nach einer Wirkungspause fort: „Grüßet den alten und neuen Kaiser: Claudius Caesar Augustus Germanicus Nero!“
Ich hatte schnell geschaltet und: „Blaupunkt!“ in den Saal gebrüllt, in der Wirkungspause, die Caius gelassen hatte.
Die Anhänger der Senatspartei waren zunächst vor Schreck erstarrt. Doch sie wollten nicht kampflos das Feld räumen, schon gar nicht ihr Kaiser Constantius.
Er riss seinen Dolch aus der Scheide und stürmte auf Nero mit den Worten los: „Wenn Du Mut hast, gewesener Kaiser Nero, kämpfe mit dem, der es jetzt ist!“
Rodericus reichte Nero einen Dolch. Sofort begann der Kampf.
Andere standen leise auf und versuchten, sich hinter die Polizisten zu stellen. Durch mit Viperngift bestrichene Waffen gedachten sie, den Kampf zu gewinnen. Doch sie konnten nicht mit wachsamen und hungrigen Horribiles rechnen, die während der ganzen Zeitreise gefastet hatten. Diese drehten sich um, als sie die Gefahr im Rücken spürten, und ergriffen mit ihren Fangarmen die chancenlosen Mitglieder der Senatspartei. Die vergifteten Waffen flogen zu Boden, man hörte die Knochen der in den Fangarmen gefesselten Menschen brechen, ihre kurzen, erstickten Schreie und schließlich das Einsaugen von Blut und Fleisch, das sich die Krakenartigen einverleibten.
„Gnade!“ Die Übriggebliebenen riefen es.
Alle, die um Gnade winselten, trugen den blauen Punkt der Schuld auf ihrer Stirn. Doch es gab einen, der unbeteiligt auf seinem Liegesofa saß. Es war der Abgesandte aus Persien, dem man soeben die Nachricht überbracht hatte, dass Rom sich ab jetzt im Krieg mit dessen Reich befand.
Constantius hatte einen leichten Stich von Nero empfangen und blutete. Eric sah, dass Constantius keinen blauen Schuldpunkt auf der Stirn trug, doch der Gift-Erkennungs-Zauber auch von seiner Waffe Gift meldete. Per Vorstellung meldete Eric mir dies, und ich rief: „Kaiser Constantius, willst Du einen unfairen Kampf mit einer vergifteten Klinge führen?“
Der ließ vor Schreck die Waffe sinken, und Nero hielt den Seinen mitten im Stich an. „Gebt uns neue Klingen“, verlangte Constantius.
„Constantius“, sprach Nero, „Du willst einen ehrenvollen Kampf und ehrenvoll in diesem sterben. Doch bedenke: Vier Senatoren sind schon tot und dahin, die anderen haben ihre Waffen fallen lassen, und hier sind 20 gut bewaffnete Polizisten, die für mich ihr Leben geben würden. Gib auf, denn Du kannst nicht gewinnen.“
Constantius warf den vergifteten Dolch fort und zeigte seine unbewaffneten Hände. „Ich gebe mich geschlagen“, sprach er.
Nero sprach: „Du hast in Ehren verloren. Nimm Dein Leben und schwöre mir, Deinem Kaiser Nero, die Treue. Du sollst dieselbe Stellung behalten, die Du hattest, bevor Du zum Kaiser ausgerufen wurdest. Und Du sollst Deinen Besitz behalten.“
„Ave, Ich schwöre Dir gern die Treue, Kaiser Nero“, sprach Constantius in ernstem Ton.
„Constantius ist frei. Die anderen verhaftet! Wir werden ihnen bald den Prozess machen. Und Deinem Volk, Abgesandter des Reiches Persien, bietet das Imperium Romanum durch mich, seinen Kaiser Claudius Caesar Augustus Germanicus Nero, Frieden und Freundschaftliche Beziehungen an.“
Der Gesandte stand auf und sprach: „Deine Worte ehren mein Volk und mich. Wir wollen unsererseits dem Kaiser unseres Brudervolkes aus seiner Not helfen. Dir fehlen 30 Millionen Sesterzen? Nun. Ein Krieg mit Euch hätte leicht hundertmal so viel verschlungen. Wir schenken Euch 1000 Talente in reinem Gold, was 120000000 Sesterzen wert ist. Ein Handelsschiff liegt in Ostia und ist mit dem Gold beladen. Wäre es zum Krieg gekommen, hätten wir damit Söldner geworben. Nun, da Ihr uns Frieden und Freundschaft bietet, sei es Euch geschenkt. Möge dieser Frieden ewig währen. Dies sagt Prinz Daraios, der Thronfolger des persischen Reiches.“
Die Polizisten führten die Mitglieder der Senatspartei ab. Boten verkündeten in ganz Rom, dass Kaiser Constantius seine Herrschaft freiwillig an Nero abgetreten habe, und dass es von nun an Frieden mit den Persern geben würde. Ab Sonnenaufgang würden bis zum Sonnenuntergang alle Schenken auf Staatskosten Wein und Essen ausgeben, um mit dem neuen, alten Kaiser zu feiern.
Nero ließ Schneider herschaffen, die Senatorenkleidung für uns alle anfertigten. Die Familien und Bediensteten der Polizisten kamen, sowie deren Freundinnen und Freunde. Reichlich Speisen wurden zubereitet und in den nächsten Stunden gebracht, und der Wein floss in Strömen. Auch für die Horribiles gab es nun Nahrung, die ihnen im Gegensatz zum Menschenfleisch schmeckte: rohen Fisch und Seeschnecken. Am Abend wurde das Fest zur Orgie: viele Frauen und Männer, aber auch Frauen untereinander sowie Männer untereinander pflegten im Saale ungeniert der Lust.
Mir dagegen spülte der Abend auch traurige Gedanken in den Sinn: Immerhin hatte ich meine Kinder aus der Neandertalerzeit retten und ihnen die Möglichkeit verschaffen können, ein gutes Leben zu führen. Ich war froh, dass sie alle, zumindest in ihrem Umfeld ,einen stabilen Frieden zwischen Neandertalern und Homo Sapiens erreicht hatten. Wir hatten Elisabeth verloren und wussten nur, dass Inge jetzt in jener Zeit weilte, in der ich Prof. Wildtwux kennengelernt hatte. Inzwischen waren auch dort einige Monate vergangen. Ich konnte nur hoffen, dass Inge nicht in die Fronten eines Krieges geriet, den die Nazis der DNS inzwischen möglicherweise angezettelt hatten.
Kurz nach der Dämmerung war ich auf dem Triclinium eingeschlafen, auf dem ich gelegen, viel gespeist und Wein getrunken hatte, aber weniger als die anderen, die noch fröhlich bis Mitternacht weiterfeierten.
Plötzlich hörte ich deutlich Elisabeths Stimme: „Willi, steh leise auf!“
Harndrang machte mein Aufstehen notwendig. Also schlich ich mich aus dem Saal in Richtung Toiletten, als ich wieder Elisabeths Stimme deutlich vor mir vernahm: „Geh auf den Hof, zu den Latrinen der Soldaten, wo die Entenpreis in der Luft steht. Hole dort Deinen neuen Raumanzug. Den zieh bitte an, und nimm den verbesserten für Inge mit.“
"Eine gute Idee, nach der Entenpreis zu sehen, denn nach Feiern ist mir nicht mehr." So dachte ich und wechselte die Richtung. Ich verrichtete meine Geschäfte und schritt in die Mitte des Hofes, dorthin, wo kilometerweit über mir die Entenpreis schweben musste. Plötzlich erfasste mich ein Ruck aufwärts, und schon stand ich in deren großem Saal.
„Wenn Du Dich disloziert hättest“, hörte ich Elisabeths Stimme sagen, „hätte es zu lang gedauert. Ich will aber gern etwas Zeit mit Dir verbringen. Zieh Deine römischen Sachen aus und wasch Dich mit kaltem Wasser ab. Wir haben noch ein Paar Minuten füreinander.“
"Waschen ist gut gegen den beginnenden Kater", dachte ich. Gedacht, getan. Aus dem Waschraum ging ich in meinen Privatbereich, und dort saß jemand.
„Du glaubst, dass Du Dich in einem lebhaften Tagtraum befindest, nicht wahr?“ Ich stritt es nicht ab. Elisabeth sprach weiter: „Wie viele Hinweise für meine Existenz brauchst Du? Du wurdest disloziert, Du hörst meine Stimme, und, Du hast bemerkt, dass die etwas anders klingt als vorher. Setz Dich nieder und fass mich an. Du darfst auch an mir schnuppern.“
Früher hätte ich nichts lieber getan, außer dasselbe mit Inge als Vorspiel eines Liebesaktes zu tun. Aber jetzt? Sollte ich mit einer Toten im Traum Inge betrügen, von der ich mehr als in den Tagen zuvor hoffte, sie lebend zu sehen? "Wenn Inge lebt und es mitkriegen kann", dachte ich, "ist das etwas anderes. Sie hat schließlich auch mit Elisabeth geschlafen."
Die Neugierde siegte. Was ich vorfand, versetzte mich in Erstaunen: Nicht der geschundene Leib Elisabeths oder ihr Raumanzugbewährter Körper saß neben mir und schmiegte sich an mich, sondern da war eine muskulöse, wohl proportionierte, frisch duftende, junge, erwachsene Frau!
„Wenn Du real bist“, sagte ich zu ihr, „bist Du nicht Elisabeth.“
„Ich bin nicht real“, klärte mich Elisabeth auf, „nicht wie Ihr rein biologischen Wesen. Ich bin Elisabeth, Deine Kameradin der Bordbesatzung auf der Entenpreis, die Frau, die Du immer noch liebst. Mein Leib ist für Dich real vorhanden. Du kannst mich anfassen und riechen, Du hörst meine Stimme, die sich dem Leib gemäß verändert hat. Deine Sinne trügen Dich nicht. Ich sitze neben Dir und streichle Dich. Andere, die nicht mit mir über die Brennesel verbunden sind, für die bin ich nicht vorhanden. Die Brennesel profitiert von meiner Intelligenz, mit der ich sie beschütze, denn sie ist meine Haftung an die materielle Welt. Aber mein Geist ist Elisabeth, und der kann jetzt, wo er materialgebunden ist, in Deiner Vorstellung einen realen Leib erschaffen. Dabei hilft, dass die Brennesel viele Stoffe synthetisieren kann und so Deinen Eindruck von mir materiell verstärkt.“
„Du meinst Deinen jungen Leib, nicht wahr?“ „Du begreifst schnell, Willi“, antwortete sie, „wie ich jetzt neben Dir sitze, so war mein Leib beschaffen, als ich bei Nature For Itself begann. Und weil ich keine Ausgeburt Deiner Vorstellung bin, sondern als Geist real und als Leib durch die Möglichkeiten meiner Brennesel für Dich real, kann ich Dir Dinge eröffnen, die für Dich neu sind.“
„Ich schätze, deshalb sind wir hier.“ Zwischendurch war ich aufgestanden, hatte Inges und meinen Raumanzug geholt, den meinen angelegt und mich wieder neben Elisabeth gesetzt.
„Genau“, sagte sie und gab mir einen langen, innigen Kuss. „Als Geist kann ich Zeitkorridore erspüren, zu denen Ihr rein biologischen Wesen noch keinen Zugang habt. Ein enger Korridor in die Zukunft öffnet sich in drei Minuten und wird sich drei Sekunden später wieder schließen. Er wird Dich an den Ort führen, wo Inge vor fünf Minuten war und wohl noch sein wird. Da ich keinen Todesschmerz gespürt habe, für die Geistlebewesen wie ich empfänglicher sind als ihr biologischen, wird sie noch leben. Aber sie ist in großer Gefahr, und ich will, dass Du der erste bist, der sich ihr nähert. Du wirst sie kaum befreien können, aber Du musst mit ihr zehn Stunden durchhalten, dann kommt die Entenpreis nach, und auch ich werde dabei sein. Solltet Ihr sterben, bevor die Entenpreis kommt, sollt Ihr das in der Gewissheit der Liebe des anderen tun. So stirbt es sich leichter. Und sage Inge bitte, dass ich sie liebe.“
„Am besten nehme ich den Brenneselableger für sie mit. Ich habe ihn gewässert, und er ist größer geworden. Er hat einen Wurzelstrunk.“
„Gut, dass Du daran denkst“, sagte Elisabeth erleichtert, „denn Inge muss ihren Ableger anders behandeln als Ihr anderen. Sie muss die Wurzel in ihre Vagina stecken und dort mindestens drei Minuten lang festhalten. Am besten wären zehn Minuten. Danach muss sie den Ableger herausziehen und als Ganzes herunterschlucken, wie Ihr anderen auch. Aber jetzt stell Dich in die Mitte des Saales. Gleich geht es los! Viel Glück Euch beiden!“
Kaum hatte sie ausgesprochen, begann die Zeitreise in die Zukunft verbunden mit einer leichten räumlichen Veränderung. In der Innentasche über meinem Geschlechtsteil steckte jener Goldklumpen, der mich verbrannt hatte, als ich bei dem Vulkanausbruch auf Ghod geflohen war. Ein Drittel davon war antiradioaktiv, der Rest gewöhnliches Gold.
In der Tasche über meinem Herzen trug ich den Ufalitiden, den Tetraeder, der sich außerhalb Ufals wieder gebildet hatte, nachdem wir seine Abfallstoffe aus ihm herausgeholt hatten. Zu Weihnachten hatte Ufal mir diesen mit den Worten geschenkt: „Der wehrt magische Angriffszauber und Gifte ab. Es braucht die zehntausendfache Gift-Dosis, solange der Ufalitid an Deinem Körper ist.“
Ich landete weich. Die Uhr im Anzug, die sich stets nach der Zeit einstellte, die im jeweiligen System herrschte, zeigte 22:30 Uhr am Ka-Samstag 2052. Ich war auf einer Wildwiese gelandet. Die Kamera meldete hinter mir einen elektrischen Zaun, dessen Ladung schmerzhaft, aber nicht tödlich war. Laut dem Lokalisierungsprogramm im Anzug befand ich mich auf dem Gelände des ehemaligen Kernkraftwerkes und Zwischenlagers für radioaktive Abfälle in Brockdorf, Niedersachsen. Man hatte sehr viel radioaktiven Schrott in das Salzbergwerk gesteckt, dessen Eingang 500 m vor mir lag. Überall wurde auf die erhöhte radioaktive Strahlung hingewiesen und darauf, dass der Zugang für Unbefugte verboten war.
Aus dem Salzbergwerk hörte ich Gebrüll von Frauen, denen offensichtlich ein Leid angetan wurde. Ich erhob mich per Magie 100 m in die Luft und dislozierte mich genau über die Quelle des Lärms. Unter mir hörte ich neben dem Geschrei viele angetrunkene DNS-Kämpfer gröhlen:
„Freiheit und Sieg! / Auf in den Krieg! / Führer befiel. / Wir folgen Dir!“
„Was macht Ihr da?“ Ich brüllte von oben herunter. Die Gröhlenden schwiegen, und desto lauter hörte ich die Schreie der Geschundenen und, wie ich bald feststellte, Geschändeten im Stollen.
Schnell glitt ich abwärts. Draußen war es kühl, 5 °. Innen lag die Temperatur bei 17 °. das lag vor allem an den strahlenden Abfällen, die hier lagerten. Und hier waren Männer der DNS mit Frauen zugange, die sie in brutalster Weise schändeten.
„Peitschtherapie! / So wirksam wie nie! / Alle kriegen sie, / die am Weibe sich vergehn!“
Ich hatte spontan und gegen die Magische Ethik verstoßend gezaubert: Brenneselruten schwangen durch die Luft und traktierten die Leiber der Vergewaltiger. Die Magische Ethik hat drei Regeln:
NIE NUR ZUM SPASS KEINESFALLS GRAUSAM IMMER FÜRS GUTE Gegen die ersten beiden Regeln verstieß ich krass, denn es bereitete mir ein diebisches Vergnügen, die Peiniger ihrer gefangenen Frauen desto lauter jaulen und jammern zu hören! Deshalb hatte ich meinen Wunsch auf die Melodie des bekannten Werbespruches: „Mars macht mobil / bei Arbeit, Sport und Spiel“ gesungen. Mir kam gerade recht, dass gesungene Magie intensiver und anhaltender wirkt als nicht gesungene.
„Was geht hier vor?“ Ich fragte jene Frau, bei der das böse Werk erst begonnen hatte. Sie hieß Maria Rosenzweig und stand weniger unter Schock als die anderen. Stockend erzählte sie:
„Die Leute von der DNS warten darauf, dass die Russen mit einer Drohne das alte KKW mit einer Mini-Atombombe zur Explosion bringen. Die Russen wollen der DNS diesen Freundschaftsdienst erweisen, damit diese die Regierungsgewalt in Deutschland übernehmen kann. Im Augenblick gibt es eine Minderheitsregierung der Bürgerlichen. Weil die hundert Freiwilligen DNS-Kämpfer hier, wie die gesagt haben, ‚sich für Volk und Vaterland opfernd in den Tod gehen werden‘, hat die DNS ihnen erlaubt, vorher ‚mit den Judenweibern ordentlich Spaß zu haben‘, wie die das nennen, also mit uns. Ich bin ziemlich hässlich, und deshalb haben sich erst nach einigen Flaschen Bier welche gefunden, die mich vergewaltigen wollten. Nur eine hat bisher keinen Übergriff erhalten. Die ist da hinten beim blinden Professor.“
„Weiter so, weiter so! / Peitschen macht das Leben froh!“
Ich sang auf die Melodie von: „Denkst Du denn, denkst Du denn, Du Berliner Pflanze …“. Damit verstetigte ich die Wirkung des Peitschzaubers. So schnell würde mir keiner etwas antun. jetzt konnte ich ungestört nach Inge suchen und dem blinden Professor — "Ob das wohl Prof. Wildtwux ist?", — fragte ich mich.
Tiefer im Stollen fand ich Inge und einen DNS-Schergen, der gerade einen Mann mit Fäusten bearbeitete. Er war frustriert, weil Inge es magisch fertigbrachte, seine Versuche, sie vergewaltigend zu berühren, stets abzuwehren. Immer glitten seine Hände im letzten Augenblick ab.
„Auch für den / auch für den / die Peitsche muss sein! / Mach heiß ihm die Hölle! / Auch er ist ein Schwein!“
Das sang ich auf die Melodie: „Wachet auf, / wachet auf, / es krähte der Hahn ..“ Doch es wirkte nicht.
Zwei Wächter befanden sich von mir unbemerkt in der Nähe. Ich war an der Kreuzung zweier Hauptgänge angekommen, einer Halle, groß wie die eines kleinen Bahnhofs. In deren Mitte befand sich ein höherer Block, und auf diesem lagen gefesselt Prof. Wildtwux und Inge.
Die beiden DNS-Schergen stürmten heran, der eine von links, der andere von rechts. Beide schossen und hätten Inge getroffen, hätte ich mich nicht auf sie geworfen. Von mir prallten die Kugeln ab, wegen des Tetraeders.
„Willi!“ Inge stöhnte. „Ich liebe Dich, und Elisabeth lässt Dir sagen, dass sie Dich liebt“ Ich flüsterte in ihr Ohr. Das sollte nur sie erfahren.
„Mit dem Sack will die Fotze“, maulte der Kerl , der nun rechts von uns stand, „aber mit uns mochte sie nicht. Die beiden werden wir im Tod vereinen!“
In dem Augenblick spürte ich, dass Inge sich meinem Wunsch anschloss. Gemeinsam sangen wir leise: „Auch für die / auch für die / die Peitsche muss her. / Mach heiß jetzt die Hölle! / Das ist doch nicht schwer.“
Sogleich jammerten sie mit den anderen im Chor der Gepeitschten.
Ich befreite und untersuchte Inge, so gut ich es konnte. Auch sie war einer kräftigen radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Immerhin konnte ich sie schützen, indem ich ihr half, ihren Raumanzug anzuziehen. Dadurch war ich von meinen Gewalttaten abgelenkt. Dies und die Tatsache, dass die Gepeitschten nur noch wimmerten, brachte mich langsam zur Besinnung.
"Bin ich besser als die Nazis?", dachte ich, "auch ich tue Böses. Wenn Frau Rosenzweig Recht hat, kann nur ich ihnen helfen, zu überleben. Ich muss Inge gewinnen, mitzumachen, denn nur wir beide können zaubern. Sonst gibt es hier hunderte von Toten!"
Und mir wurde bewusst, dass neben uns der brutal zusammengeschlagene Prof. Wildtwux lag. Hinter Inge und Prof. Wildtwux waren etwa 30 Leute versammelt. Sie lebten auf der Straße in ständiger Suche nach Nahrung und Flucht. Manche von ihnen waren die üblichen Obdachlosen, wie wir sie kennen: gestrandet, durch Alkoholabusus oder Schulden oder beides, ihrer Arbeit oder des Lebenssinnes beraubt, hatten sie ihren Halt und die Wohnung verloren. Andere waren in die Obdachlosigkeit geraten, weil sie Widerstand gegen die DNS geleistet hatten, deren Einfluss ständig wuchs.
Prof. Wildtwux gehörte zu dieser Gruppe, obwohl er, wie er mir später erzählte, sich damals als komplett unpolitisch sah. Nachdem er als Vorsitzender der DeMoPa abgesetzt worden war, hatte man ihn überall gesucht. Meiner magischen Hilfe verdankte er seinen jetzigen Zustand: dass er noch lebte, aber auch, dass er nirgends hatte lange bleiben können. Sobald ihn jemand erkannte, musste er fliehen, denn auf seine Ergreifung hatte die DNS eine hohe Belohnung ausgesetzt.
Prof. Wildtwux war abgerissen gekleidet und heute vergleichsweise sauber, weil er sich in einem der Kühlbecken des alten Kernkraftwerkes hatte waschen können.
„Wer hat Ihnen das angetan?“, fragte ich ihn.
Nach einer Pause antwortete er: „Sie, Herr Wildtwuchs, mit Ihrer Magie. Hätten Sie mich nicht in einen Obdachlosen verwandelt und fortgezaubert, hätte mich die DNS liquidiert. Nun vegetiere ich immer noch hier, unwürdig in jeder Hinsicht.“
„Ich glaube“, sprach ich nachdenklich, „ich verstehe, was Sie meinen. Sie haben sich Ihre Stellung als Professor für Evaluation und die des Vorsitzenden der DeMoPa hart erkämpft. Die DeMoPa hat sie nie gern auf dem Posten gesehen, und die DNS trachtet nach wie vor nach Ihrem Leben. Ich aber habe Ihnen, um Ihr Dasein zu retten, das letzte Bisschen Würde genommen.“
Leise weinte der Professor. Ich ließ ihn in Ruhe.
„Pax!“ Ich rief es laut, Inge setzte mit ein.
Das Peitschen hörte auf. Die Geschlagenen wimmerten leise. Die Waffen der DNS-Kämpfer wurden unschädlich.
Ich verstärkte die Kraft meiner Stimme und sprach: „Wann soll das Kraftwerk explodieren?“
„Vor Mitternacht“, meldete sich ein Scherge, „wir sollten die Jüdinnen schänden. Die Obdachlosen kommen bei schlechtem Wetter oder Nachts, weil es in den Stollen halbwegs warm und im Sommer kühl ist. Das Gesocks sollte mit uns vergehen. Wir wären als Helden gestorben, aber mitten unter denen.“
Inge sprach nun ebenfalls laut: „Wir sind alle Menschen und wollen leben. Wir kommen in der kurzen Zeit nicht aus dem Bereich der tödlichen Strahlung. Um zu überleben, müssen wir bleiben, wo sie am schwächsten ist, bis sie sich abgebaut hat.“ „Also Jahrzehnte“, warf ich ein.
Inge setzte fort: „Du hast erzählt, dass unsere Raumanzüge eine tausendstel Millimeter dicke Schicht mit antiradioaktivem Gold enthalten. Eine so dünne Folie um den Leib eines Wesens gelegt, bewirkt, dass die Strahlung vom Lebewesen wegstrahlt und sich schneller verbraucht. Aus einem Jahr der Halbwertszeit wird eine Sekunde. Selbst, wenn hier nur Plutonium wäre, könnten wir in drei Tagen raus, weil die Strahlung abgebaut wäre. Das hat mir Ufal erzählt, und die Horribiles haben es bestätigt; die kennen sich mit antiradioaktivem Gold aus. Und Du trägst einen dicken Klumpen Gold, davon ist ebenfalls ein Drittel antiradioaktiv. Am Besten bleiben wir hier, wo wir gut hineinpassen. Stellen Sie sich alle um uns herum auf, so dass Sie von unserem Radioaktivitätsschutz etwas abbekommen. Die Vergewaltigten kommen mit den Obdachlosen am nächsten zu uns. Dahinter die Kämpfer der DNS.“
„Was“, rief ihr Führer, „das Judenpack …“
„Eine bessere Überlebenschance haben Sie nicht!“, bellte ich.
Es geschah, wie wir befohlen hatten. Bald standen wir eng an eng in der Mitte der Halle.
Da explodierte das Kernkraftwerk. Doch unser Zauber bewirkte, dass die Drone der Russen unbeschädigt herunterkam und bewies, was DNS und der russische Staat vorgehabt hatten. Wir hofften, dass die Nato nicht sofort den dritten Weltkrieg beginnen würde, setzten aber auf die Vernunft der Militärs. Die wussten, das dieser Krieg nicht zu gewinnen war.
Ein Teil der Decke stürzte ein, trotzdem stieg die Temperatur auf über 65 °.
„Die wollten uns alle umbringen lassen“, wimmerte einer der DNS-Schergen, „und wir sind auf die hereingefallen!“
„Verräter!“ — Ihr Anführer hatte gerufen, „Denk an Deutschland! Das ist jedes Opfer Wert!“
der Klumpen in meiner Hose wurde immer schwerer. „Inge“, fragte ich sie so laut, dass es alle hören mussten, „hat Dir Ufal noch mehr von den Eigenschaften des antiradioaktiven Goldes erzählt?“
„Ja. Er sagte, dass das antiradioaktive Gold bei starker Radieoaktiver Strahlung umgebendes Gold ebenfalls antiradioaktiviert, wenn der Anteil an bereits antiradioaktivem Material mindestens ein Drittel beträgt. Antiradioaktives Gold erkennt man am spezifischen Gewicht: Normales Gold hat ein spezifisches Gewicht von 19,3 Gramm pro Kubikzentimeter, antiradioaktives dagegen eines von 372,49. Offensichtlich wird mein Raumanzug immer schwerer.“
„Inge und ich sind durch unsere Raumanzüge gut geschützt“, rief ich so laut, dass mich alle hörten, „ich hole jetzt den Goldklumpen mit antiradioaktivem Golde aus meiner Hose. Den reiche ich Frau Rosenzweig. Halten Sie den Klumpen fest an sich gedrückt, und geben Sie den eine Minute später an Ihre Nachbarin weiter. Mit jeder Minute wird gewechselt, bis alle durch sind. Falls es noch Radioaktiv ist, geht’s wieder bei mir los. So bekommt jeder eine Zeit lang den vollen Schutz. Hat jemand eine Uhr bei sich?“
„Ich“, sprach der Führer der DNS-Schergen, „und ich übernehme das Ausrufen der Minute. Wenn wir eine Überlebenschance haben, soll die so groß wie möglich ausfallen.“
Es wurde still. Nach jeder Minute wurde der Wechsel korrekt ausgeführt.
Inge und ich waren einander am nächsten und verständigten uns via Vorstellungsmagie:
"Willi, Du bist verlässlich, gerecht zu allen, und Du hast Dich für mich opfern wollen! Ich habe nie aufgehört, Dich zu lieben. Meine Liebe ist nur in den Hintergrund getreten. — Als ich durch Sexdienst mein Taschengeld aufgebessert habe, gab es drei Männertypen: Schweine, Sexkäufer und sympatische Menschen, die sich Sex einkauften, aber mehr wollten: Freundschaft oder eine Liebesbeziehung. Mit den Schweinen hatte ich es am einfachsten: Ich lernte, mich ihrer zu erwehren. Die Sexkäufer bekamen, was sie wollten, bezahlten, legten oft was drauf und gingen. Bei denen, die mir sympatisch waren und nicht wagten, mit mir eine Beziehung anzufangen, war es am schwierigsten. Ich habe mich in manchen verliebt, und dann tat es denen fuuuuuuuuurchtbar Leid. Sie gaben mir ein Trinkgeld und verschwanden. Das war so unwürdig, aber ich brauchte das Geld. Ich habe manche Nacht, in der ich keinen Sexdienst hatte, geweint und fühlte mich abgestoßen wie ein kaputtes Kleidungsstück, das nahe am Leib getragen wird. Ich bezweifelte, dass ich mich jemals wieder verlieben könnte, als ich das Studium abschloss. Darum stürzte ich mich in Arbeit und hatte eine Weile auch genug damit. Dann traf ich Elisabeth, und aus war’s mit dem Vorsatz, mich nicht zu verlieben. Ich wusste, dass sie mehrere Liebhaberinnen und Liebhaber hatte, aber bei ihr hat mich das nie gestört. — Dann kamst Du. Elisabeth hat mir geraten, es mit Dir zu versuchen."
"Mir hat sie Mut gemacht, es mit Dir zu wagen", warf ich in Gedanken ein.
"Es begann so wundervoll: Tiefe Gespräche, rauschhafter Sex, innige Zärtlichkeiten! Großes Glück!!! — Und dann warst Du weg, fort aus Zeit und Raum. Da kam so vieles wieder hoch, all der Schmerz und die Enttäuschung. Ich sagte mir: Zum größten Teil bin ich selber Schuld. Niemand hat mich zum Sexdienst gezwungen. — Als Du wiederkamst und von Deiner Familie im Neandertal erzähltest, habe ich Dich gehasst. Das wollte ich nie. Für mich warst Du immer der edle Mensch, den ich begehre. — Da habe ich meine Zeit als Nutte verflucht."
"Du konntest ja nicht wissen, dass Dich so viele enttäuschten."
"Das sagt mir der Verstand. Aber Liebe ist vor allem Gefühlssache."
"Das sind ja Überlegungen!"— Prof. Wildtwux hatte sich eingeschaltet und mitgedacht. Auch in ihm steckte Magie. Er setzte fort: "Ich habe als blinder Mensch nie gewagt, mich zu verlieben. Sex hatte ich dann und wann. Ich wollte die Partnerin und mich wenig belasten und war bereit, dafür zu bezahlen. Mit 30 Jahren hatte ich den ersten Geschlechtsverkehr: eine teure Hure hat mir allerhand beigebracht. Mit Liebesbeziehungen und den damit verbundenen Enttäuschungen wollte ich nichts am Hut haben. — Nach der Flucht erkannte ich, dass ich einen wichtigen Teil des Lebens übergangen hatte, vielleicht den wichtigsten. Wer liebt schon einen verfolgten Obdachlosen ohne Perspektive? Ich schaffe das ja schon nicht, wie soll es ein anderer Mensch schaffen? — Am liebsten wäre ich in einer anderen Zeit und begänne dort noch einmal."
"Herr Prof. Wildtwux", dachte ich, "falls wir hier lebendig rauskommen, könnten wir Sie in unserem Raumschiff, der Entenpreis, mitnehmen. Aber wir können Ihnen jenen Einfluss und jene Stellung nicht bieten, die Sie in Ihrer Zeit bis vor wenigen Monaten bekleideten."
"Nach Stellung und Macht strebe ich nicht mehr", sagte Herr Prof. Wildtwux, "ich möchte leben, Freunde und etwas Geld haben, um mich zu versorgen, und, wenn es möglich ist, Lieben und geliebt werden. Das habe ich immer gewollt, aber mit Macht und Einflussnahme verwechselt. Es tut mir Leid, dass ich Sie, Herr Wildtwuchs, so angegangen bin. In gewisser Weise erhalte ich die Quittung für meine Taten. Dass so manche meiner höheren adligen Parteigenossen eher mit den Rechten kollaborieren würden als sich einer internationalen Politik auf ständischer Grundlage und der Wohlfahrt aller zu verschreiben, habe ich gewusst, aber nicht verhindert. Und die Tage der Entbehrung haben mir gezeigt, dass viele Elende nicht aus sich heraus würdelos sind, sondern durch die Umstände entwürdigt."
„Wechsel!“ — „Wechsel!“ — „Wechsel!“
Keine vier Stunden waren um, als der Goldklumpen an mich zurückging und ich diesen an Inge gab. Sie stöhnte: „Ui! Ist der schwer geworden!“ Sofort gab sie ihn weiter.
Erneut durchlief der Brocken alle Hände und Personen. Als ich ihn erhielt, wünschte ich, dass die Zeit des Durchhaltens ablaufe und die Entenpreis mit unseren Kameraden erscheine.
Gerade wollte ich den Klumpen abgeben, da fiel die Besatzung der Entenpreis ein.
„Wer sind die da alle?“, fragte Kaptein John, „Wildtwuchs, berichten Sie!“
„Melde gehorsamst“, begann ich erfreut mitzuspielen. Kaptein John hatte es nie mit Formalitäten. Da er aber die DNS-Kämpfer in ihren verschwitzten Uniformen sah, ließ er den Militär heraushängen. Ich berichtete, was gut fünf Minuten dauerte.
„Wir haben jetzt noch acht Stunden“, sagte Kaptein John, „was schlagen Sie vor?“
Schulamid schaltete sich ein: „Es ist wichtig, dass möglichst viele von der ganzen Sache hier erfahren: von dem Verrat an Deutschland und Europa durch die DNS, von den hundert Jüdinnen, die vergewaltigt und gequält worden sind, von dem Angriff der russischen Drohnen, von der Rettung aller durch Willis und Inges Eingreifen, von uns und der Entenpreis und davon, dass es Magie wirklich gibt und sie durch unseren Lehrmeister Ufal in einer ganzen Reihe von Menschen schon wirksam ist. Dadurch werden die Menschen die Möglichkeit haben, Frieden miteinander zu halten. Sie sehen ja mit uns, die wir drei ganz verschiedene Arten darstellen: Menschen, Horribiles und Ufaliden, dass Frieden möglich ist.“
„Dein Wort in Gottes Ohr, Schulamid“, sprach leise, aber zweifelnd Eric, „ich mach die Bordkanone startklar, nur für den Fall der Fälle.“
„Versuchen müssen wir es“, sprach Kaptein John, „denn die Gelegenheit für Frieden auf Erden ist günstig wie nie“
Nach fünf Minuten sah die ganze Welt auf jedem nur denkbaren Medienkanal unsere Entenpreis. Währenddessen kamen Journalisten in schnellen Flugzeugen an, um vor allem die Außerirdischen zu interviewen.
Als uns 100 russische Kampfdrohnen erreichten, wollte Eric diese abschießen. „Nein“, sprach ich, „das regeln wir magisch.“
Gemeinsam holten wir die Drohnen eine nach der anderen in sanftem Gleitflug herunter, ohne dass ein Sprengkörper gezündet wurde. Es stellte sich heraus, dass es Kleinst-Atombomben waren.
Alles das filmten und berichteten die Journalistinnen und Journalisten weltweit live und in Farbe. Wir dachten schon, die Gefahr sei vorbei. Doch eine große Militärmaschine der US Airforce näherte sich, und die fragten gar nicht erst, sondern sie schossen mit MGs und Kanonen. Eric kam doch noch zu seinem Schuss: Er lenkte die Kugel magisch so, dass die Maschine zwar beschädigt wurde, jedoch noch landen konnte, so dass niemand zu sterben brauchte. Die Chance auf Überleben ließen sich die US-Boys nicht entgehen, und bald darauf sahen sie von Angesicht zu angesicht alle von uns.
„Dieser Tag wird die Welt verändern“, sprach der russische General, der inzwischen eingetroffen war und sich mit dem amerikanischen unterhalten hatte. „wir werden“, ergänzte dieser, „noch heute neue Abrüstungsverhandlungen beginnen und auch die anderen Nationen zu Friedensverhandlungen drängen.“
Inge und mich hatten die Journalisten, die das interessierte, schon interviewt. Ich lenkte Inge beiseite und flüsterte: „Ich soll Dir von Elisabeth den Ableger der Brennesel geben und Dir sagen, wie Du ihn gebrauchen sollst, um Dich mit ihr zu verbinden. Wir haben noch eine knappe Viertelstunde bis zur Zeitreise, und hier ist keine Radioaktivität nachweisbar. Da kannst Du es wagen, damit Du schon mit Elisabeth verbunden bist, wenn wir in unsere Zeit zurückkommen.“
Inge zog die Hose ihres Raumanzuges herunter und ließ die Wurzel des Ablegers, den ich ihr reichte, an der richtigen Stelle in sich gleiten. Dann zog sie die Hose hoch, ließ der Nessel aber etwas Luft. Nach zehn Minuten zog sie diese heraus und verschlang sie als ganze, was nicht einfach war. „Die Nessel hat sich ein Wenig in mir festgesetzt“, flüsterte sie mir zu.
„Wir müssen fort“, sprach Kaptein John in der allerletzten Minute.
„Bitte lasst uns Prof. Wildtwux mitnehmen und in unsere Zeit bringen“, sprach ich. Kaptein John stimmte zu.
Kaum waren die Luken geschlossen, da gab es einen Ruck, und die Entenpreis stand mehrere Kilometer über der Großen Freiheit in der Luft. Von uns aus war die Insel Amrum zu sehen, bzw. das Wenige, was die letzten „Jahrtausendfluten“ übrig gelassen hatten. Wir schrieben nämlich den 30. April 2026, also fast fünf Jahre nach unserer fluchtartigen Abreise mit der Entenpreis.
„Fertig machen zum Wassern“, rief Kaptein John, „wir gehen auf die Große Freiheit, und dort soll uns laut Elisabeth eine Überraschung erwarten!“
Wir fanden Caius mit fünf schwarzen Sklaven vor. Caius hatte um Urlaub gebeten, weil der Dienst in der Geheimpolizei ihn so misstrauisch gemacht hatte, dass er eine Auszeit brauchte. Er hatte seinen Kaiser Nero davon überzeugt, dass er mit Rodericus einen gleichwertigen Führer der geheimen Polizei hatte, und Nero hatte ihm ein volles Jahr Urlaub gewährt. „Aber bring viele gute Sachen für meinen lieben Freund Willi und dessen Liebste mit. Lumpen will ich mich nicht lassen!“
Da saßen wir im Ballsaal der Großen Freiheit. Die Sklaven bereiteten uns römische Köstlichkeiten zu; natürlich halfen wir ihnen, mit den modernen Herdfeuern umzugehen. Sie stellten sich sehr gut an, denn hier würden sie frei sein.
„Schaut mal, was wir mitgebracht haben“, sprach Caius.
Wir fanden eine frische Ausgabe der Schriften des Paulus in tastbaren Buchstaben und eine Sammlung von Liebes- und Trinkliedern samt musikalischer Notation in griechischen Musikzeichen. Dazu fanden wir ein mechanisches Orchestrion, das mit Wasserkraft bedient wurde. Mechanische Stäbe zupften die Kithara, schlugen Tympanen und Sistren; dazu spielte eine gewaltige Wasserorgel die Melodie, deren Töne für alle Instrumente auf Walzen festgehalten waren. So bekamen wir einen Eindruck, was in den letzten Jahren an Erfindungen für die Kunst gemacht worden war und davon, wie die Musik der römischen Spätantike geklungen hatte.
Dutzende von Amphoren voller Wein schließlich wurden für unsere Willkommensfeier geöffnet. Und wir feierten!
Doch Inge und ich zogen uns nach dem Essen und dem Genuss von wenig Wein am frühen Abend zurück. Inge schlief in meinen Armen. Es war schön, ihren Leib an meinem zu spüren, und bald schlief auch ich.
21 Zellerfrischung und ZauberertitelNoch vor dem Morgengrauen weckte uns fürchterlicher Lärm. Wir fühlten uns abgeschlafft, viel schlimmer als nach einer durchzechten Nacht. Mir kam es vor, als sei mein Leib in zwölf Stunden um 24 Jahre gealtert. Inge ging es noch schlechter: Sie musste im Bett bleiben.
Vor dem Aufwachen hatte mir seltsames geträumt — wenn es ein Traum war: Elisabeth hatte mir zugeflüstert: „Ufal und ich haben ein Geschenk für Euch, und das fängt an, zu wirken.
Mühsam zog ich mich an. Ich fummelte lange am Ausgang der Kabine und suchte die Klinke, die es hier nicht gab. Dafür gab es einen dicken Drehknopf, Als ich den zufällig drehte, klackte die Kabinentür.
Ohne Hilfe von Adolf wäre ich nie aufs Oberdeck gekommen. Doch der sagte nur: „Willi, wir brauchen Dich. Ich bring Dich auf die Brücke zu Kaptein John und den anderen. Was ist mit Inge?“ „sie ist krank und kann nicht aufstehen“, antwortete ich. Adolf meinte, während wir zur Brücke hinaufkletterten: „Das kommt von den vielen Zeitreisen und Abenteuern. Wir sind alle etwas neben der Spur.“
Auf der Brücke stand Kaptein John, völlig aufgelöst. Sieben Polizisten durchkämmten das Schiff, 13 weitere untersuchten die im Wasser treibende Entenpreis. "Wenn die unsere Bordkanone finden", dachte ich, "glauben die, wir wollten die Erde angreifen."
Wütend hüpften Chet, Baa, Kaa und Kapitän Aach aufs Oberdeck, und jeder der höllisch starken Krakenkrieger aus dem Andromedanebel hatte einen Polizisten in seinen Fangarmen. Zwei Polizisten verfolgten sie und schossen. Da sie aber unter Schock standen, traf kein einziger.
„Pax!“ — Mein Zauber machte die Waffen unschädlich.
„Wir können alle zaubern“, sprach ich, „wenn wir Übles im Schilde führten, hätten wir es getan. Unser Raumschiff ist vor einem halben Tag aus dem Andromedanebel zurückgekehrt, von wo wir unsere Freunde: Kapitän Aach, die Offiziere Kaa und Baa sowie Kadett Chet mitgebracht haben, weil sie unseren Heimatplaneten, die Erde, sehen und mit ihr Handel treiben wollen.“
„Zaubern“, sprach offenbar der Oberste. Bald erfuhr ich, das er Oberkommissar Stanislaus Schleich war, der man für die verrückten Einsätze. Er fragte: „sind Sie Zauberkünstler?“
„Schuhe aus! Allen Polizisten Schuhe aus!“
Ich hatte gerufen, alle Besatzungsmitglieder der Entenpreis und ebenso die Krakenkrieger hatten mit eingestimmt. Dabei hatten sie ihre Gefangenen losgelassen. Schon flogen die Schuhe auf einen Haufen, und die Polizisten standen barfuß herum, sowohl die sieben auf der Großen Freiheit als auch die dreizehn auf der Entenpreis.
„Das kann immer noch ein Zaubertrick sein“, sprach der Kommissar, „wenn auch ausgeführt von Meistern ihres Faches, zugegeben!“
Der Mann hatte Humor. Den konnte er sich leisten, wo ihm klar war, dass wir keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellten.
„Aber das hier kriegt man nur per echter Magie fertig: Ratzeputz! Alle Schuh verschnürt an ihre Füß!“
Eine Sekunde nach meinem Zauber blitzten die Schuhe vor Sauberkeit, was sie bisher nicht getan hatten, da die Polizisten von einem Einsatz in einem Öltanker gekommen waren, wo sie mitten im Erdöl fast eine ganze Tonne Kokain gefunden hatten. Noch mehr begeisterte alle, dass die blitzblanken Schuhe an die Füße klopften und, sobald ihr Besitzer den Fuß erhob, sich anzogen und vorschriftsmäßig verschnürten.
„Ich habe das mit meiner Videokamera aufgenommen“, rief einer der Polizisten. Das Spektakel hatte kaum 30 Sekunden gedauert, und es überzeugte den Kommissar.
„Beunruhigte Anwohner haben uns gerufen, die neben der Großen Freiheit das — ja, Raumschiff gesehen haben und ein merkwürdiges Krakenwesen, das sich in der Nordsee gebadet hat. Ich denke, ich muss das an höherer Stelle melden und weitere Anweisungen abwarten. Bis dahin sind Sie in Gewahrsam, aber nicht verhaftet. Wenn ich keine anderen Weisungen erhalte, werde ich eine spontane Medienkonferrenz einberufen, auf der Sie Ihre Fähigkeiten und die Außerirdischen zeigen können. Danach wird wohl alle Welt glauben müssen, dass es Magie und Außerirdische gibt.“
Während der Kommissar sprach, flatterte Ufal um ihn herum und erzählte ihm unsere Abenteuer.
„Die Zeitreisen lassen wir weg“, meinte Kommissar Schleich, der sich seinerseits vorgestellt hatte, „das glaubt Ihnen kein Mensch, auch wenn es den Tatsachen entspricht.“
Eine Stunde später kamen Anweisungen:
Hinweise auf Außergewöhnliche Vorkommnisse sofort verbergen! Bis zur Ausführung von 1. alle Beteiligten in Gewahrsam halten! Frau Selgen ins nächste Krankenhaus zur Behandlung bringen Herrn Dr. Wildtwuchs sowie das Wesen Namens Ufal Morgen um 10:00 Uhr dem Polizeipräsidenten des Landes Schleswig-Holstein, Hans Haase, und dem Marinegeneral Helmut von Seidlitz vorführen! Ich erzählte Inge von den Vorkommnissen mit der Polizei. Doch war ich nicht sicher, was sie verstanden hatte, denn sie konnte kaum noch sprechen, und ihr Zustand verschlechterte sich stündlich.
Auch mit mir ging’s bergab. Ich fragte mich, welcher Teufel in mir mich gerade ritt, dass ich Elisabeth die Schuld für unser Siechtum gab. Denn dass diese Frau, die wir beide, Inge und ich, inniglich liebten, niemals fähig wäre, uns so etwas anzutun, das stand felsenfest.
Am nächsten Tage war das Aufstehen eine Qual. Die Treppe zum Oberdeck schaffte ich nur, weil Gerd und Eric mich stützten.
„Uiuiuiuiuiuiui!“ Ufal begrüßte mich. Diesmal hockte er in Kommissar Schleichs Anzugtasche, „das geht aber schnell! Willi, Ihr habt die Krisis fast überstanden.“
„Warum passiert das mit uns“, fragte ich in anklagendem Ton, „weshalb tut man uns das an?“
„Bei den anderen kommt das noch, aber nicht bei allen zugleich“, flüsterte Ufal, „wir, Elisabeth und ich, tun Euch allen nichts Böses an, versprochen. Bitte vertrau uns.“
„Und diese drei Hefte da“, fragte Kommissar Schleich, „mit denen kann ich wirklich das Zaubern lernen?“
„Stanislaus“, antwortete Ufal, „frag Willi. Er hat es auch aus meinem Buch gelernt.“
„Kann ich mal anfassen, was Ufal Ihnen gegeben hat, Herr Kommissar?“ Ich fragte, und Kommissar Schleich gab mir drei Hefte. Sie sahen ähnlich aus wie Parry-Rodan-Romane. Da verlor sich meine Angst um Inge und mich. „Als ich Magie gelernt habe“, sagte ich zu ihm, „sah das Buch so aus.“ Und schon reichte ich ihm die drei großen Bände, die in tastbaren Großbuchstaben mein Lehrbuch gewesen waren. Ich verstand nun, dass Inge und ich eine Krise durchmachten, aus der wir besser herauskommen würden als wir hineingekommen waren.
Nun wandte sich Kaptein John an mich: „Wir fliegen noch heute nach Sirius mit gut 20 Huhn. Da bleiben wir eine Woche, dann wird es einen Raumzeitkorridor geben, der uns in wenigen Minuten nach Andromeda geleitet. Dort werden wir das Jahr 2023 schreiben. Aach meint, da sei genug Zeit seit dem Tod des ehemaligen Gottkaisers vergangen, um die Bindung an ihn zu lösen. Wir können im Andromedanebel ein gutes halbes Jahr forschen und zu Friedensverhandlungen zwischen den dort lebenden intelligenten Arten sowie zwischen Andromeda und Sirius beitragen. Auf der ganzen Reise soll ich mich um Prof. Wildwux kümmern, damit er gründlich Zaubern lernt.“
„Das schaffst Du, John“, sagte Ufal bestimmt, „er braucht viel Geduld und freundschaftliche Zuwendung, damit seine Seele wieder auf die Beine kommt. Du mit Deiner bestimmten und großzügigen Art bist genau der Richtige.“
„Warum dürfen Inge und ich nicht an den Friedensverhandlungen teilnehmen?“
„Weil Ihr zu krank für den Anfang der Reise seid“, antwortete Ufal, „Du wirst ein Paar Monate brauchen, um gesund zu werden, und bei Inge wird es etwas länger dauern. An Inges Geburtstag werdet Ihr wissen, was wir mit Euch gemacht haben. Das ist riskanter Zauber, aber bisher funktioniert er gut! Und außerdem brauchen wir die Besten, um auf diesem Erdenplaneten die Magie als Wirklichkeit zu etablieren. Damit werdet Ihr genug zu tun haben, wenn Ihr wieder auf die Beine kommt!“
„Wann werden wir Euch wiedersehen?“, fragte ich. „Zu Weihnachten in diesem Jahr wollen wir auf der Erde sein und auf meiner Großen Freiheit feiern“, sprach Kaptein John.
Nun kamen alle anderen, um auf die Entenpreis zu steigen. Drei Polizistinnen brachten Inge aufs Oberdeck. Sie atmete nur noch. Ich streichelte und küsste sie zärtlich und hoffte, dass ein Teil von ihr es mitbekäme. Dann verabschiedete ich mich von allen anderen.
„Sei guten Mutes, Du großer Krieger des Friedens, Willi“, sprach Aach in würdigstem Hiratisch, „wir sind gewiss, dass Inge und Du uns ein freundliches Feld bereitet habt, wenn wir im Winter dieses Jahres wiederkehren werden. Haltet aus und kämpft! Die Erde braucht Magie!!!“
Freundschaftlich nahm er mich in seine Arme, und das taten alle vier Horribiles und jeder der Mannschaft der Entenpreis.
„Wir kommen zu spät“, sagte Kommissar Schleich, „es ist schon 9:00 Uhr geworden. Und noch was: Sie haben einen Helfer an Ihrer Seite, Dr. Wildtwuchs.“
Über mir flog eine Drohne und blieb in der Luft über dem Oberdeck stehen, wo wir uns alle in den Armen lagen.
„Ich habe meinem Journalistenfreund Egon Leisetritt einen Tipp gegeben, und der hat seine Drohne geschickt, um Aufnahmen zu machen. Bald wird man irgendwas in den Sozialen Medien finden, aber auch im Stern, für den Egon als freier Mitarbeiter tätig ist.“
Ich verstand den Wink. „Stanislaus“, sprach ich, „auf zur ersten praktischen Magielektion: Es gilt, Sie, Inge in ihrem Liegekorb und mich an die Eingangspforte des nächsten Krankenhauses zu lozieren. Bitte sag mir genau, wo es liegt, und denk mit aller Konzentration daran, dass wir dorthin müssen, und zwar in einer sanften Reise.“
„Jetzt wird's also ernst mit der Magie“, sagte mein Schüler Stanislaus. Er begann, sich zu konzentrieren, und Ufal sprang auf meine Schulter. Auch er konzentrierte sich, und das bisschen Magie, das mir noch geblieben war, gab, wie Ufal mir erzählte, den Ausschlag. Wir erhoben uns in die Luft. Beide standen wir an Inges Tragekorb und hielten den fest. Schnell, aber ohne Ruckeln, flogen wir und landeten knapp eine Minute später am Portal der Uniklinik Kiel. Bald hatte man Inge einer kurzen Untersuchung unterzogen und sie aufgenommen.
„Wir haben noch eine Minute bis 10:00 Uhr“, sagte Stanislaus, „Polizeipräsident Haase schätzt Pünktlichkeit. Darf ich den Dislokationszauber allein versuchen?“ „Wenn Du den schaffst“, sprach Ufal, „bekommst Du eine Eins in der praktischen Prüfung.“
„Also: Anfassen, Willi, auf geht’s zum Haase!“
Etwas unsanft krachten wir durch das Fenster in Präsident Haases Büro auf seinen Schreibtisch. General von Seidlitz lachte schallend.
„Das war der Beweis für Magie“, sprach er, „sehr beeindruckend! Wir werden die Sache unter der Decke halten. Aber wir werden das in der Bundeswehr gut nutzen.“
„Versprechen Sie mir“, sprach ich, „dass die Bundeswehr nie Magie nutzen wird, um jemanden zu töten. Es gibt drei Regeln der Magie, die für jeden Zauberer maßgeblich sein müssen: Nie nur zum Spaß; keinesfalls grausam; immer fürs Gute. Ich hoffe, dass die Bundeswehr sich auf diese Regeln verpflichtet.“
„Dann ist es also ernst, das mit der Magie?“ Polizeipräsident Haase hatte sich gemeldet. „Ja“, antwortete ich.
„Ich fürchte das Schlimmste, wenn Magie in falsche Hände gerät“, sprach der Polizeipräsident weiter, „Daher hoffte ich, es handele sich um eine Zeitungsente. — Ach herjee! Da ist ja das fledermausartige Wesen! Auch das mit den Außerirdischen stimmt also!“
Nun sprach der General: „Wenn in der Bundeswehr Magie eingesetzt wird, dann nur unter den genannten ethischen Regeln. Und wir werden die Sache mit höchster Geheimhaltung behandeln, bis gute Schutzstrukturen etabliert sind, mein Wort darauf. Deshalb bitte ich Sie, jetzt zu gehen und stets mit mir, und nur mit mir, in Kontakt zu kommen, sobald Sie einen Magieschüler übernehmen wollen.“
„Hier ist der erste“, sprach Ufal, „Kommissar Stanislaus Schleich aus Steinhude.“
„Für den Mann verbürge ich mich“, sprach Polizeipräsident Haase, „er ist inkonventionell, undiszipliniert und legt es darauf an, Dienstvorschriften zu umgehen. Aber seine ethische Haltung ist über jeden Zweifel erhaben.“
Bald verließen wir das Büro des Polizeipräsidenten und dislozierten uns zum Krankenhaus.
„Sie sagen“, sprach der behandelnde Arzt, „ihre Freundin sei 44 Jahre alt. Ihr Status spricht für 94. Anscheinend stabilisiert sie sich. Wir werden sie in ein Altersheim verlegen, denn sie braucht Pflege und keine Behandlung. Altern gehört zum Leben.“
In den nächsten drei Tagen blieb ich als Gast bei Stanislaus.
Ich konnte Inge in ein Altersheim in Gießen einweisen lassen. Dazu musste General von Seidlitz eingreifen.
Als ich in Gießen zur Bank ging, erfuhr ich von der Angestellten, dass mein Konto mit über 240000 € gefüllt war. Das Gehalt für fünf Jahre und 1 ½ Stellen war pünktlich eingezahlt worden. Um meine Finanzen bräuchte ich mich in den nächsten Jahren nicht zu sorgen.
Bald war Stanislaus ein fast ebenso guter Magier wie ich. Und für mich begann ein normales Leben mit Chor, Sport und täglichen Besuchen bei Inge.
Inge ging es immer besser. Anscheinend verjüngte sich ihr Leib zunächst wöchentlich um drei Jahre, später um eines. Das galt desto mehr für ihren Geist: Schon nach einer Woche wusste und konnte sie alles, was sie zuvor gewusst und gekonnt hatte; nur der Leib spielte ihr manchen Streich. Nach sechs Wochen verließ sie das Altenheim und zog in eine kleine Wohnung, die ich gut erreichen konnte. Für die Pflegekosten im Heim war die Bundeswehr aufgekommen. So hatte sie das volle Gehalt der Gg Entenpreis zur Verfügung.
An Inges Geburtstag wurde uns klar, was wir durchmachten: die Zellerfrischung. Alle Welt spricht von ewiger Jugend. In Wirklichkeit will die keiner haben. Mit dem Leben sammeln wir Erfahrungen, und auf die will keiner verzichten, auch nicht auf die meisten schlechten, die uns helfen, das Böse zu meiden. das Dahinsiechen im Alter braucht kein Mensch. Also geht es darum, den Zellen Frische einzuhauchen. Dazu wird der Leib auf den tiefsten Stand gebracht, in dem er überlebensfähig ist, um von dort aus den Zellen zur Erfrischung zu verhelfen. Außerdem funktioniert die Zellerfrischung nur, wenn sie geschenkt wird. Das hatten Elisabeth und Ufal getan.
Anfang Oktober bekam Inge wieder eine Krise, während ich meinen alten Gesundheitszustand vor dem Ende der Zeitreisen überschritt. Inge machte die Umkehrung des Klimakteriums durch. Am ersten Advent hatte sie ihre ersten neuen Tage.
Am Nikolaustage ging es uns beiden besser als je zuvor.
„Wir können jetzt Kinder haben“, sagte Inge zu mir, „und alle werden mit Elisabeth verbunden sein. Das hat sie mir gestern Nacht erzählt. Lass uns in meiner Wohnung Plätzchen backen, Glühwein trinken und Advent feiern.“ „Gern. Bitte hilf mir beim Einüben der Stücke für den dritten Advent. Warum muss unser Chorleiter auch alle sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums am Stück aufführen?“
Unsere Singeprobe geriet großartig, und die Plätzchen dufteten durchs ganze Haus. Wir waren beim Abwasch, als Inge auf den trockengewischten Küchentisch blickte und sagte: „Da liegt ein Brief drauf, und auf dem steht: ‚MAGISCHE POST AN INGE UND WILLI.‘“ Die konnte nur von Ufal stammen.
„Mach ihn auf, Inge. Ich bin furchtbar neugierig!“ „Ich auch“, antwortete sie und öffnete den dicken Brief. Der war in tastbaren, schwarz gefärbten Zeichen notiert und lautete:
Siriusmond, Nikolaus 2026 terranischer Zählung
Liebe Inge, lieber Willi!
Gestern habe ich die Magiermeister auf den Siriusmond zum großen Magiekonvent gerufen. Widerstrebend sind sie live erschienen. Auch die Entenpreismannschaft samt der Horribiles habe ich eingeladen, und die sind gern gekommen. Ich habe die Zaubergranden gebeten, uns auf den Titel: „Höchster Magiemeister“ zu prüfen. Dazu musste ich sehr überzeugend zaubern, bis sie meinem Wunsch entsprachen und alle die Prüfung bestanden.
Inge und Willi, bitte unterschreibt das Blatt, das Eure Titelurkunde enthält, mit allen Titeln in der nicht-magischen Welt. Legt jeder seinen linken Zeigefinger neben die Unterschrift und sprecht unisono: ‚An Ufal auf die Große Freiheit‘.
Wildem ist seit dem 15. November in Gießen und wird Euch bald in magischen Fragen um Rat bitten. Er hat ein Praktikum im Landeskrankenhaus angetreten. Dort will man ihn nicht mehr hergeben, weil er Schizophrenen zu Besserungen verholfen hat, die als unverbesserlich galten. Da war Magie im Spiel, wie sie in jeder Psychotherapie gegenwärtig sein sollte. Gestern habe ich ihn real auf den Siriusmond gezaubert, wo er unter Anwesenheit der Zaubergranden die Magieprüfung mit einer 1 bestand und nun Magiemeister ist. Wildem hat sich Hals über Kopf in die Leiterin seiner Station verliebt. Es ist jene Marte, von der Willi erzählt hat, als er sich bei uns vorstellte. Marte und Wildem werden zu Weihnachten auf die Große Freiheit kommen, dann können wir dort eine Doppelhochzeit feiern: Inge und Du sowie Marte und Wildem.
Wir freuen uns auf Weihnachten auf der Großen Freiheit. Bringt bitte Stanislaus mit.
Mit innigen magischen Grüßen
UFAL HÖMAGIEMEI
Wir unterschrieben. Inge mit: „Dr. Med. Inge Selgen“, ich mit: „Dr. Phil. Willi Wildtwuchs“. Wir legten die Kuppen der rechten Zeigefinger auf das Blatt und sprachen uni sono: „An Ufal auf die Große Freiheit.“
Unsere Hände verschränkten sich, als das Blatt davonflog. Bald darauf schliefen wir ein, beide im selben Bett.
Titelbild erstellt durch Content Nation mittels Stable Diffusion